Kältestarre - Überwintern in Bewegungslosigkeit

Autor: Redaktion Magazin   
Veröffentlicht: 10.02.2012 - 14:37 Uhr
 
Überwintern in Bewegungslosigkeit: Kältestarre

Der Winter ist eine Zeit, der Tiere und Pflanzen auf eine harte Probe stellt. Futtermangel und Kälte machen vielen zu schaffen. Besonders bizarr wirkt die Kälte sich auf wechselwarme Tiere wie Eidechsen, Frösche, Käfer oder Schnecken aus. Diese sind nicht in der Lage, ihre Körpertemperatur von innen heraus zu regeln. Daher kühlen sie bei kalter Witterung völlig aus. Für chemische Reaktionen und damit auch sämtliche Lebensvorgänge ist die Temperatur aber von entscheidender Bedeutung. All diese Prozesse können nur in einem bestimmten Temperaturbereich reibungslos funktionieren.

Schleichender Tod bei tiefen Temperaturen

Wird es zu kalt, fallen wechselwarme Tiere daher in einen bewegungslosen Zustand, die Kältestarre. Alle Lebensvorgänge werden dabei nahezu auf Null zurückgefahren. Die Augen bleiben zumeist offen, Herzschlag und Atmung sind sehr langsam. Aus dieser Starre gibt es kein Erwachen, solange die Außentemperaturen nicht merklich ansteigen. Wird es zu kalt, droht den Tieren der Kältetod. Anders als winterschlafende, gleichwarme Tiere, wie Igel oder Fledermäuse, können sie nicht im Notfall aufwachen und sich an einen wärmeren Ort zurückziehen.
Diese Zeit hilfloser Bewegungsunfähigkeit muss daher sorgfältig vorbereitet werden. Im Laufe der Evolution haben sich verschiedene Verhaltensweisen und körperliche Anpassungen entwickelt, welche den Tieren ein Überdauern der kalten Zeit ermöglichen. Um ein Durchfrieren der Körperflüssigkeiten zu vermeiden, werden in ihnen verschiedene Stoffe angereichert, die als Frostschutzmittel wirken. Das kann beispielsweise Glukose sein, aber auch kleine Eiweiße oder, im Fall mancher Amphibien, Harnstoff.

Von Regenwurmknoten und Schlammamphibien

Zudem suchen die Tiere im Herbst einen geschützten, möglichst frostfreien Ort auf. Frösche vergraben sich im Schlamm oder ziehen sich in Löcher zurück, um der ärgsten Kälte zu entgehen. Eidechsen verstecken sich in Steinritzen oder Erdlöchern, Blindschleichen überwintern in ähnlichen Verstecken - oft in Gruppen eng zusammengeknäult. Auch Regenwürmer bilden dicht verschlungene Knoten aus etlichen Tieren, die sich einen halben Meter unter die Erde zurückziehen oder unter wärmehaltenden Objekten, wie dem Kompost, einem modrigen Baumstumpf und ähnlichem, versammeln, um gemeinsam den Winter zu überdauern. Sie können jedoch bei ausreichender Bodentemperatur, zum Beispiel unter einer geschlossenen Schneedecke, auch im Winter aktiv sein.
Im Frühling, wenn die Temperaturen steigen, kommt wieder Leben in die Tiere. Nun gilt es, die Endprodukte des winterlichen Stoffwechsels loszuwerden und rasch die Vorräte wieder aufzufüllen. Das neue Jahr kann beginnen. -rh-



Kalk und Luft als Kälteschutz: Die Weinbergschnecke im Winter

Wenn im Herbst das Futter knapper wird und mit der Tageslänge auch die Temperaturen abnehmen, wird es für Weinbergschnecken Zeit, sich für den Winter vorzubereiten. Wie für die Eiablage graben sie mit ihrem Fuß und durch Drehbewegungen der Schale ein Loch, in das sie sich zurückziehen. Blätter und andere Pflanzenmaterialien werden als Stöpsel in den Gang gezogen, darunter kommt noch ein Stopfen aus Erde.

Luken dicht

Nun sondert die Schnecke aus Drüsen des Mantelrandes ein kalkhaltiges Sekret ab. An der Luft bildet dieses einen festen Schalendeckel, das Epiphragma. In ihrem Haus zieht die Schnecke sich weiter zurück und hinterlässt ein Luftpolster, das manchmal mit Schleimmembranen weiter unterteilt wird.
Weinbergschnecken können hinter ihrem Kalkdeckel Temperaturen von minus 40 Grad überstehen. Um solch tiefe Temperaturen überdauern zu können, muss die Schnecke sich auch innerlich auf den Winter vorbereiten. Als Gefrierschutz werden die Körperflüssigkeiten kräftig eingedickt: Überschüssiges Wasser wird ausgeschieden und große Proteine in kleine Untereinheiten gespalten. Dadurch gefriert die Lösung erst bei tieferen Temperaturen und die Gefahr scharfer Eiskristalle im Gewebe wird verringert. In der Kältestarre sind alle Lebensfunktionen sehr weit heruntergefahren. Das Herz schlägt bei der überwinternden Schnecke in der Minute statt 36-mal nur noch drei- bis vier-mal.



Der Schnecken Frühlingserwachen

Wenn im Frühling die Temperaturen über acht Grad steigen, erwacht die Schnecke. Sie stößt den Kalkdeckel ab und macht sich hungrig und ausgetrocknet auf die Futtersuche. Da sie ohne die entsprechenden Vorbereitungen tiefen Frost nicht ertragen, fallen viele Weinbergschnecken im Frühling Spätfrösten zum Opfer. Es dauert mehrere Wochen, bis die Tiere ihr früheres Gewicht wieder erreicht haben. Dann wird es bereits Zeit für die Partnersuche, damit den frisch geschlüpften Jungschnecken ausreichend Zeit zum Wachsen bleibt, um den kommenden Winter überstehen zu können. -rh-

[size=117]Dies ist ein Artikel aus unserer Zeitschrift Pflanzen wunderschön. Von Mitgliedern für Pflanzenfreunde geschrieben.... Den kompletten Artikel mit Bildern findest Du in der Ausgabe 8[/size]

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