Weizen-Revolution: Diese Pflanzen produzieren ihren eigenen Dünger!

Autor: Frank   
Veröffentlicht: Heute um 15:17 Uhr
 
 
Stellen Sie sich eine Welt vor, in der unsere wichtigsten Getreidepflanzen keinen teuren und umweltschädlichen Kunstdünger mehr benötigen. Eine Welt, in der Landwirte Milliarden sparen und unsere Gewässer sauberer sind. Klingt wie ein Traum? Wissenschaftler der University of California, Davis, haben diesen Traum nun ein großes Stück näher an die Realität gerückt. Ihre neueste Entwicklung: Weizen, der seinen eigenen Dünger produziert! Doch wie funktioniert diese bahnbrechende Technologie?

Die Landwirtschaft, wie wir sie kennen, ist stark von Stickstoffdüngern abhängig. Doch nur ein Bruchteil davon wird von den Pflanzen tatsächlich aufgenommen. Der Rest landet in unseren Flüssen und Seen, führt zu Algenblüten und sauerstoffarmen „Todeszonen“ und trägt als Lachgas zur Klimaerwärmung bei. Ein Team um den renommierten Pflanzenwissenschaftler Eduardo Blumwald hat nun einen genialen Weg gefunden, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Mithilfe der Genschere CRISPR-Cas9 modifizierten die Forscher Weizenpflanzen so, dass sie eine größere Menge eines natürlich vorkommenden Stoffes namens Apigenin produzieren. Dieses Flavonoid, das auch in Kamille oder Petersilie vorkommt, wird von der Pflanze über die Wurzeln in den Boden abgegeben. Dort wirkt es wie ein Lockstoff für bestimmte Bodenbakterien.

Diese Bakterien werden durch das Apigenin dazu angeregt, einen schützenden Biofilm zu bilden. In diesem sauerstoffarmen Milieu können die Bakterien ein Enzym namens Nitrogenase aktivieren, das die einzigartige Fähigkeit besitzt, Stickstoff aus der Luft zu binden und in eine für die Pflanze verfügbare Form umzuwandeln. Der Weizen „füttert“ also quasi seine eigenen kleinen Düngerfabriken direkt vor seiner Haustür!

Die Ergebnisse sind beeindruckend: Die modifizierten Weizenpflanzen zeigten nicht nur ein besseres Wachstum bei geringer Düngergabe, sondern auch einen höheren Ertrag. Dieser Durchbruch, der auf früheren Erfolgen bei Reis aufbaut, könnte die Landwirtschaft revolutionieren und einen wichtigen Beitrag zur globalen Ernährungssicherheit leisten, insbesondere in Entwicklungsländern, wo der Zugang zu teurem Dünger oft begrenzt ist.

Wissenschaftliche Besonderheiten:
  • CRISPR-Cas9-Technologie: Gezielte Genveränderung zur Erhöhung der Apigenin-Produktion im Weizen.
  • Symbiotische Beziehung: Der Weizen lockt und fördert nützliche Bodenbakterien.
  • Biofilm-Induktion: Apigenin stimuliert die Bildung eines schützenden Biofilms für die Bakterien.
  • Stickstofffixierung: In der sauerstoffarmen Umgebung des Biofilms können die Bakterien Luftstickstoff in pflanzenverfügbaren Stickstoff umwandeln.
  • Reduzierter Düngemittelbedarf: Die Pflanzen sind weniger auf externen Stickstoffdünger angewiesen.

Kurioses & Spannendes zum Thema:
  • Weizen ist nach Mais das am zweithäufigsten angebaute Getreide der Welt und der größte Verbraucher von Stickstoffdünger.
  • Die Idee, Getreide zur Stickstofffixierung zu befähigen, ist seit Jahrzehnten ein „heiliger Gral“ der Pflanzenforschung. Bisherige Versuche, Getreide wie Hülsenfrüchte mit Wurzelknöllchen auszustatten, waren wenig erfolgreich.
  • Apigenin ist nicht nur für Bakterien interessant. In der traditionellen Medizin wird es wegen seiner beruhigenden und entzündungshemmenden Eigenschaften geschätzt.
  • Wussten Sie, dass die Menge an industriell hergestelltem Dünger, die jedes Jahr produziert wird, fast so viel wiegt wie die gesamte Menschheit?

Zusammenfassung:
Forschern der UC Davis ist ein Durchbruch gelungen: Sie haben Weizenpflanzen entwickelt, die nützliche Bodenbakterien zur Produktion von eigenem Dünger anregen. Durch eine gezielte genetische Veränderung geben die Pflanzen einen Lockstoff ab, der den Bakterien hilft, Stickstoff aus der Luft zu binden. Diese Technologie verspricht enorme Einsparungen für Landwirte und eine deutliche Reduzierung der Umweltbelastung durch Kunstdünger.

Namen und Quellen:
Studienleiter: Prof. Eduardo Blumwald (University of California, Davis)
Publikation: Plant Biotechnology Journal, 27. August 2025
Forschungspartner: Bayer Crop Science, UC Davis Will Lester Endowment

Fachbegriffe erklärt:
CRISPR-Cas9: Eine molekularbiologische Methode, um DNA gezielt zu schneiden und zu verändern (Genschere).
Apigenin: Ein pflanzlicher Farbstoff aus der Gruppe der Flavonoide.
Biofilm: Eine dünne Schleimschicht, die von Mikroorganismen gebildet wird und sie vor Umwelteinflüssen schützt.
Nitrogenase: Ein Enzymkomplex, der in der Lage ist, molekularen Stickstoff (N2) zu Ammoniak (NH3) zu reduzieren.

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