Tropische Baumarten überleben Dank kleiner Nagetiere
Viele Pflanzenarten, die in den neotropischen Bereichen von Süd- und Mittelamerika beheimatet sind, verbreiteten bis vor rund 10.000 Jahren ihre großen und saftigen Pflanzensamen originär ausschließlich durch die ausgestorbenen, zur Familie der Rüsseltiere zählenden Gomphotherien - große, pflanzenfressende Säugetiere, die die leckeren Früchte fraßen und die enthaltenen Samen durch Ihre Ausscheidungen über große Distanzen hinweg verbreitet haben. Warum jedoch sind diese tropischen Baumarten nicht gemeinsam mit den Samen-verbreitenden Tieren ausgestorben?
Foto: Kleine Nagetiere wie Agutis haben die Verbreitung der Samen übernommen.
Kleine Räuber übernahmen eine große Aufgabe
Für Pflanzen ist die Verbreitung Ihrer Samen über weite Entfernungen entscheidend für das Überleben der Art. Hierdurch werden neue Gebiete erschlossen und die Varietät des Gen-Pools bleibt erhalten.
Bisher ging man stets davon aus, dass Nagetiere nicht zu den optimalen Samenverbreitern zählen. Doch nun haben Forscher des Smithonian Tropical Research Institutes Panama zusammen mit Forschern des ornithologischen Max Planck Institutes Radolfzell entdeckt, dass anstelle der Gomphotherien eine Nagetierart, nämlich das tropische Aguti (Dasyprocta punctata) diese Aufgabe übernommen hat. Die Nager, die etwa so groß wie Hasen sind, vergraben die Pflanzensamen in einem flachen, geschützten Versteck, welches den Samen ideale Bedingungen für die Keimung bietet. Allerdings tendieren sie auch dazu, ihre Vorratslager häufiger wieder auszugraben und zu verlegen.
Mit dem Funksender auf der Spur der Frucht-Liebhaber
Um die Verbreitung der Pflanzensamen zu überwachen hat das Forscherteam über 400 große Früchte einer tropischen Palmenart mit einem kleinen Funksender versehen und in Video überwachten Bereichen versteckt, so dass die Agutis diese finden konnten. Die Forscher konnten beobachten, dass die Agutis die Pflanzensamen nicht wie bisher angenommen sofort gefressen, sondern rund 85% der mit einem Funksender versehenen Früchte erst einmal fortgetragen und zunächst in der Nähe des Ursprungsbaumes vergraben haben. Jedoch wiederholte sich dies pro Samen einige Male, so dass sich der Verbreitungsradius der Pflanzensamen dadurch enorm vergrößerte.
Lange Wege für eine erfolgreiche Verbreitung der Früchte
Die kleinen Nager, die auch vor der Plünderung fremder Vorräte nicht zurückschrecken, verbreiteten die mit dem Funksender versehenen Pflanzensamen im Endeffekt so bis zu 280 m rund um den Fundort der Pflanzensamen. Einige der Samen wurden insgesamt über eine Strecke von 900 m transportiert, bis sie an ihrem endgültigen Lagerort angekommen waren, und eine Frucht wurde sogar 36 Mal ein- und wieder ausgegraben - um leider zum Schluss dann doch gefressen zu werden. Insgesamt war die Verbreitung der Samen durch das Aguti wesentlich effektiver, als bislang von den Forschern angenommen. Durch die Funksender konnte festgestellt werden, dass ca. 35% aller Pflanzensamen eine Verbreitung von deutlich über 100 m vom ursprünglichen Fundort entfernt hatten, und fast 14% aller Samen konnten bis zur nächsten Fruchtreife überdauern und somit zu neuen Pflanzen heranwachsen.