Totes Holz – das blühende Leben
Ein alter Baum hat in seinem Leben Unmengen an Nährstoffen angesammelt. Abgestorbene Bereiche bergen daher Nahrung im Überfluss. Es ist jedoch nicht einfach, an sie heranzukommen. Die großen Moleküle, aus denen Holz aufgebaut ist, widersetzen sich allen Abbauversuchen sehr nachdrücklich. Um ihnen zu Leibe rücken zu können, müssen Bakterien, Pilze und Insekten Hand in Hand arbeiten.
Holz – und sein Ende
Ein Baum sieht von innen wie folgt aus: Die äußeren Bezirke, wie Borke, Bast und Splintholz, sind reich an leicht spaltbaren, energiereichen Verbindungen. Sie werden von Pilzen, Bakterien und etlichen Frischholzbesiedlern unter den Insekten rasch ausgebeutet. Zu ihnen gehören Mitglieder der Borkenkäfer, aber auch Pracht-, Werft-, Nage- und Bockkäfer, sowie Holzwespen.
Der verbliebene Holzkörper ist dagegen erheblich langlebiger. Bestimmte Pilze und Bakterien verfügen jedoch über passende biochemische Schneidewerkzeuge, mit welchen sie die großen, unhandlichen Bausteine zu kleinen, leichter verdaulichen Untereinheiten zerlegen können. Diverse Holzinsekten erleichtern ihnen durch ihre Fraßgänge den Start. Arten aus verschiedenen Borkenkäferfamilien sowie einige Holzwespen impfen die Gänge, die sie für die Eiablage anlegen, sogar aktiv mit Ambrosiapilzen. Von dem wachsenden Pilzgeflecht ernähren sich später die Larven. Diese Larven wiederum dienen Spechten, Schlupfwespenlarven und anderen als Nahrung.
Im Laufe der Abbauarbeiten verändert sich die Struktur und Zusammensetzung des Holzes ständig. In jedem Stadium treten andere Lebewesen auf. Pilzfäden durchwuchern das Holz, es wird zunehmend morsch und weich. Am Stamm zeigen sich Pilzfruchtkörper, die unter anderem von Kurzflügelkäfern, Schwammkäfern, Pilzfliegen und -mücken besiedelt werden. Die Rinde löst sich und fällt zu Boden. Am Boden sammelt sich Holzmulm, in welchem immer mehr Angehörige der Bodenfauna wie Asseln, Milben, Würmer und Springschwänze zu finden sind. Der Mulm vermischt sich mit dem Unterboden. Stück für Stück werden die Nährstoffe, die der Baum in seinem Leben gesammelt hat, in einer langen Abbaukette dem Boden zurückgegeben. Zu guter Letzt werden die Reste im Boden zu Huminstoffen, die mit Ton Komplexe bilden und die Struktur des Bodens mitbestimmen.
Totholz im Garten
Hecken, Parks und Gärten können als wertvolle Trittsteine zwischen naturnahen Waldgebieten dienen und so einen wichtigen Beitrag zum Erhalt vieler Tier- und Pflanzenarten leisten.
Statt sterbende Bäume zu fällen, sollte man sich darauf beschränken, bruchgefährdete Äste einzukürzen. Stammabschnitte eignen sich als Sitzgelegenheit, zur Beeteinfassung, Wegbegrenzung oder auch als Blumenständer und dienen nebenher vielen Käfern als Lebensraum. In Schnittholzhaufen finden sich neben Insekten, Spinnen und anderen Gliedertieren auch Igel und Eidechsen ein. Sie bieten feuchte Verstecke für Amphibien. Reptilien können in besonnten Bereichen Wärme tanken. Zaunkönig und Rotkehlchen bauen ihre Nester gerne in solchen Haufen. Da zahlreiche Tiere in ihnen Unterschlupf finden, dürfen Haufen, die bereits eine Weile liegen, keinesfalls verbrannt werden. Gibt es wirklich keine Alternative, können durch ein behutsames Umschichten wenigstens Tiere wie Igel und Kröten, die nicht direkt im Holz wohnen, vor dem Feuertod gerettet werden.
Baumschnitt kann auch für einen rustikalen Zaun verwendet werden. Hierzu schlägt man zwei seitlich versetzte Reihen von Pfosten in den Boden und legt die Äste quer in die Zwischenräume. In jedem Fall lohnt sich die Einbindung naturnaher Elemente für Flora und Fauna aber auch für den Betrachter.
Die großen Nährstoffmengen, welche in abgestorbenem Holz verborgen liegen, haben ganze Heerscharen von Spezialisten entstehen lassen. Für manchen Ordnung liebenden Menschen mögen größere Mengen toten Holzes im Garten zunächst ungewöhnlich scheinen. Wer sich jedoch näher mit dieser so überaus lebendigen Materie befasst, wird von ihr fasziniert sein und ständig Neues entdecken können. -rh-
Totholz im Wald – wozu eigentlich?
Erosions- und Lawinenschutz: auch totes Holz wirkt stabilisierend
Moderholzverjüngung: Sämlinge wachsen auf dem vermodernden Holz besonders gut
Wasserspeicher: moderndes Holz wird schwammartig
Nährstofflieferant: beim Abbau werden alle gesammelten Nährstoffe wieder frei
Artenvielfalt: In Deutschland sind Vertreter folgender Gruppen auf Totholz angewiesen:
Moose, 1500 Pilze, Flechten, Insekten: nachgewiesen wurden 1400 Käfer, 500 Fliegen und Mücken, zahlreiche weitere Insekten, Spinnen, Asseln, Schnecken, Amphibien wie der Feuersalamander
Reptilien wie die Aspisviper, Vögel wie Kleiber und Schwarzspecht, Säugetiere wie Fledermäuse und Bilche.
[size=117]Dies ist ein Artikel aus unserer Zeitschrift Pflanzen wunderschön. Von Mitgliedern für Pflanzenfreunde geschrieben.... Den kompletten Artikel mit Bildern findest Du in der Ausgabe 7[/size]