Alle Orchideen gehören zur großen Familie der Orchidaceae mit ungefähr 835 Gattungen, 25.000 Arten und tausenden von Hybriden. Viele davon zählen zu den schönsten kultivierten Zierpflanzen überhaupt. Während ihrer Evolution machten sich die Orchideen verschiedene Wachstumsarten zu eigen und passten sich ihrem Lebensraum an, indem sie epiphytisch oder bodenbewohnend wurden. Diese Anpassungen in ihrer Gestalt sind kennzeichnend, sowohl für ihre Ansprüche an die Kulturbedingungen als auch für die Vermehrungsmethoden.
Epiphytische Orchideen
Viele kultivierte Orchideen sind Epiphyten und ein paar wachsen auf oder zusammen mit Felsen. Epiphytische Orchideen wachsen auf Bäumen, sind jedoch keine Parasiten. Sie haben Luftwurzeln, um Feuchtigkeit aus der Luft zu absorbieren und Nährstoffe aus verrotteten Blattabfällen aufzunehmen, die sich in Astgabeln und an Baumstämmen ansammeln. Die Luftwurzeln dienen auch zur Verankerung. Teilweise haften sie am Stamm, um dann mit ihrem Ende frei in der Luft zu hängen. Epiphyten zeigen eines von zwei Verzweigungsschemata: sympodial oder monopodial.
Bei sympodialen Orchideen bildet der Haupttrieb einen Blütenstand oder Infloreszenz. Der neue Trieb entspringt seitlichen Knospen, bekannt als ?Augen", die man an der Basis des vorherigen Triebes auf älteren Pseudobulben findet. Orchideen mit monopo-dialem Verzweigungsmuster haben ausgedehnte Triebe oder Rhizome und der gesamteneue Zuwachs kommt aus der Wachstumsspitze. Blütenstände entstehen an dem Trieb ausgewachsener Blätter.
Ihre natürlichen Umgebungsbedingungen ermöglichen es den Epiphyten mit ihren, den Elementen ausgesetzten Wurzeln zu überleben. Epiphytische Orchideen kommen in warmen, feuchten Regenwäldern niedriger Höhe oder auf Meereshöhe vor, aber ebenso in kühlen Bergregenwäldern. Orchideen, die in kühlen Klimaten wachsen, brauchen ein Temperaturminimum von 10-13 °C, Formen, die im Halbwarmen gedeihen, benötigen 14-19 °C und die im Warmen wachsenden Orchideen gedeihen bei 20-24 °C.
Bei den meisten Epiphyten dient ein Substrat, das aus bis zu drei Teilen fein gekörnter Rinde, einem Teil Perlit und einem Teil Holzkohle hergestellt wurde sowohl zum Eintopfen als auch zur vegetativen Vermehrung.
Bodenbewohnende Orchideen
Bodenbewohnende oder -terrestrische Orchideen sind in kühleren Klimaten vorherrschend, wo epiphytische Orchideen nicht existieren können. Es gibt aber auch viele tropische bodenbewohnende Orchideen, z.B.. Habenaria. Bodenbewohnende Orchideen sind meist sommergrün und haben eine vor. zwei Hauptwachstumsformen. Sie bilden ent-weder ein Rhizom oder eine unterirdische Knolle, wobei beide eine Blattrosette und eine zentrale Blütenachse tragen. Der Jahreszuwachs ruht im Winter, bis das neue Wachstum im Frühling beginnt.
Eine Ruhephase, zusammen mit dem Besitz unterirdischer Speicherorgane, verleiht ihnen eine größere Kältetoleranz als dies bei Epiphyten zu beobachten ist. Die meisten winterharten Orchideen sind bodenbewohnend und obwohl viele im Freien vollständig winterhart sind, können doch einige die feuchten winterlichen Bedingungen nicht er-tragen und werden daher in kühlen Gewächs-häusern oder im Alpenhaus gezogen.
Die meisten bodenbewohnenden Orchideen brauchen ein gut drainiertes Substrat, das Lehm, Kies oder Torf enthalten darf.
Sympodiale Orchideen
Sympodiale Orchideen schließen solche wie I Cattleya ein, die Pseudobulben (angeschwollene ne Nährstoff- und Wasserspeicherorgane) be-sitzen, welche Blätter und Blüten hervorbrin-gen. Ein ruhender, blattloser Pseudobulbus wird Tochter- oder Nebenbulbus genannt. Er dient zur Vermehrung, da durch seine Entfer-nung vom Rhizom meist die ruhenden Augen aktiviert werden. Nicht alle Sympodialen ha-ben Pseudobulben; einige, wie Paphiopedilum, bilden blattartige Triebe.
Die Vermehrung sympodialer Orchideen mit Pseudobulben durch die Entnahme eines einzelnen Nebenbulbus oder durch Teilung ist weit verbreitet. Nebenbulben brauchen ein paar Jahre bis zur Blüte. Abgeteilte Stücke einer großen Pflanze können schon in der folgenden Wachstumsperiode blühen, vorausge-setzt, jedes Stück hat mindestens vier Pseudp-bulben. Abgesehen von wuchsbedingten Variationen ist die grundlegende Vermeh-rungstechnik für alle sympodialen Epiphyten mit Pseudobulben gleich. Bei einigen Orchi-deen wie Odontoglossum ist die Vermehrung durch Nebenbulben wenig erfolgreich, weil sie
selten genügend ruhende Augen bilden. Sie können aus einem wachsenden Pseudobulbus vermehrt werden. Andere Sympodiale wie einige Dendrobium-Arten bilden adventiven Zuwachs - kleine Pflänzchen, die man abtrennt und eintopft.
PSEUDOBULBEN SYMPODIALER ORCHIDEEN
Gut wachsende Pflanzen bilden jedes Jahr einen oder mehrere Pseudobulben, die mehrere Jahre leben. Jeder neue Pseudobulbus wächst an der Basis des vorherigen, auf einem robusten, sie verbindenden Rhizom. Um im ersten Jahr zu blühen, ist es für den jungen Pseudobulbus wichtig, Energie von den er-wachsenen Pseudobulben zu erhalten, auch wenn er schon eigene Wurzeln und Blätter gebildet hat. Jedes Teilstück muss deshalb vier oder mehr dicke, grüne Pseudobulben besit-
zen. Runzelige, braune Pseudobulben sind tot und werden weggeworfen.
Die Teilung der meisten sympodialen Orchideen folgt einem ähnlichen Muster wie
dem oben gezeigten. Sie wird im Frühling durchgeführt, wenn man die Mutterpflanze umtopft. Dazu wird die Pflanze aus dem Behälter geklopft, man entfernt die ältesten,blattlosen Pseudobulben, belässt aber mindes-ens vier an jedem geteilten Stück. Trennen Sie die Pseudobulben, indem Sie ein sauberes, scharfes Baummesser dazwischen stecken und mit einem vertikalen Druck nach unten das Rhizom durchschneiden.
Bei den meisten Gattungen ist das Rhizom so kurz, dass es nur während dieser Prozedur sichtbar wird. Durch das weiche Gewebe an der Basis des Pseudobulbus darf nicht geschnitten werden. Mit Daumen und Fingern drückt man die Pseudobulben fest auseinander, bevor man das Messer einführt. Schneiden Sie alle toten Wurzeln ab. Mit den verbleibenden lebenden Wurzeln kann sich jedes Teilstück im Topf verankern. Es wird so eingetopft, dass es mit den Pseudobulben der Substratoberfläche aufsitzt, damit der neue Zuwachs nach 6 Wochen nicht verrottet.
1) Im Frühling Orchide, mit acht der mehr Pseudobulben in zwei Hälften teilen. Klopfen Sie die Pflanze aus ihrem Behälter und schüt-teln Sie die überschüssige Erde aus den Wurzeln.
2) Drücken Sie die Pseudobulben im Zentrum leicht auseinander und schneiden Sie mit einem scharfen Mummesser durch das holzige Rhizom, das sie verbindet. Dann Pflanze in zwei Teile brechen.
3) Alle blattlosen Nebenbulben aus den getrennten Teilen entfernen. Werfen Sie alle weg, die alt und
runzelig sind. Dicke Nebenbulben können einzeln eingetopft und weitergezogen werden..
4) Mit einer sauberen scharfen Gartenschere alle toten Wurzeln entfernen und längere, gesunde Wurzeln zurückschneiden. Mindestens 15 cm lebende Wurzel muss bleiben, um jede Pflanze im Topf zu verankern.
5) Abgeteilte Stücke wieder in einen Behälter eintopfen, der gerade ein wenig größer als der Wurzelballen ist. Halten Sie die Basis der Pseudobulben auf Höhe des Topfrandes und füllen Sie Orchideenrinde ein.
aus einzelnen Nebenbulben vermehren
1) Dicke, gesunde Nebenbulben einzeln in 8 cm große Töpfe mit Orchideenkompost eintopfen. Den Nebenbulbus auf die Oberfläche des Komposts setzen, damit ruhende Wachstumsknospen nicht faulen.
2) Nebenbulbus an einen kühlen, schattigen Standort stellen und feucht halten. Nach sechs Wochen sollte die Knospe zu wachsen beginnen und nach 2-3 Monaten sollte der Nebenbulbus einen neuen Trieb haben.
Wenn ein Pseudobulbus nach der Blüte altert, wirft er seine Blätter ab, lebt aber noch und hat genügend Reserven für weiteres Wachstum. Einige Orchideen verlieren ihre Blätter auf einmal, andere werfen immer nur ein Blatt über zwei oder drei Jahre hinweg ab. Während sie noch an der Hauptpflanze befestigt sind, ist es ihre Aufgabe, den neuen Zuwachs und die Blüten zu unterstützen. Wenn die blattlosen Nebenbulben von der Mutterpflanze abtrennt werden, während sie noch grün und dick sind, können sie für die Vermehrung genutzt werden; Voraussetzung dafür sind aber vier Pseudobulben an der Mutterpflanze.
Vorsichtig, um das weiche Gewebe an der Basis nicht zu beschädigen, werden die einzelnen Nebenbulben mit einem scharfen, sauberen Gartenmesser von der Mutterpflanze abgetrennt. Wo die Nebenbulben von grundständigen Tragblättern bedeckt sind, schälen Sie diese ab, bis eine ruhende Knospe, das Auge, sichtbar wird. Abhängig von der Orchideenart können es auch mehrere sein. Orchideen der Gattung Cymbidium haben mehrere Augen, das kräftigste sitzt an der Basis des Nebenbulbus, schwächere weiter oben.
Alle toten Wurzeln unterhalb des Nebenbulbus werden entfernt, man lässt aber 5 cm gute Wurzeln, damit er sich im Topf verankern kann. In Orchideenerde eintopfen und in einer Vermehrungskammer, mit der für die Orchidee passenden Temperatur, weiterziehen Nach sechs Wochen sollte ein neuer grüner Trieb erscheinen, nach weiteren vier Wochen neue Wurzeln entstehen. In diesem Stadium nehmen Sie die Pflanze aus der
Vermehrungskammer und stellen sie in ein Gewächshaus oder im Haus an einen Anzuchtplatz mit gutem Licht. Nach weiteren sechs Monaten kann die Pflanze ?umgesetzt" werden, damit ist gemeint, sie in einen größeren Behälter umzutopfen, ohne dabei den Erdeballen oder die neu gewachsenen Wurzeln zu stören. Nach einem Jahr wieder umtopfen und dann, bis die Pflanze ausgewachsen ist, immer wenn es notwendig ist.
Der ursprüngliche Pseudobulbus wird immer runzeliger und stirbt mit der Zeit ab. Dann kann er von der jungen aufwachsenden Pflanze entfernt und weggeworfen werden. Die neue Pflanze erreicht nach schätzungsweise vier Jahren Blühgröße.
Manchmal wachsen zwei ruhende Knospen zur selben Zeit aus demselben Pseudobulbus. Solche Pflanzen sind ?doppeltriebig". In ein paar Jahren bildet jeder Trieb eine unabhängige Pflanze. Wenn Sie vier oder mehr Pseudobulben an jedem Trieb belassen, kann die Pflanze geteilt werden. Bei Pflanzen, die auf weniger als vier Pseudobulben reduziert werden, ist es unwahrscheinlich, dass sie wieder blühen. Sie müssen zunächst über mehrere Jahre genügend Kräfte ansammeln.
Einen Hauptpseudobulbus teilen
Bei einigen Orchideengruppen, besonders bei Odontoglossum, ist die Vermehrung von Nebenbulben selten erfolgreich. Eine alternative, riskante Methode ist die Vermehrung durch Entnahme des Hauptpseudobulbus. Diese sollte nur bei kräftigen, gesunden Pflanzen durchgeführt werden, die an den meisten Pseudobulben Blätter besitzen.
Der Begriff ?Odontoglossum1 umfasst hier alle Arten der Gattung Odontoglossum als auch alle eng verwandten Gattungen, Hybriden -einschließlich intergenerischer Hybriden -und alle von ihnen stammenden Sorten wie z. B. x Odontocidium, das eine intergenerische Kreuzung zwischen Odontoglossum und Oncidium ist. Alle Pflanzen mit Odontoglossum-Krim in ihrer Elternlinie können gleich vermehrt werden.
Die Hauptpseudobulben werden im Frühling oder Herbst vermehrt, wenn die Pflanze weder voll im Wachstum ist, noch ruht und der Hauptpseudobulbus neue, etwa 15 cm lange Triebe besitzt. Klopfen Sie die Pflanze aus ihrem Topfund trennen Sie den Hauptpseudobulbus vom Rest der Pflanze, indem Sie durch das sie verbindende Rhizom schneiden. Sanft werden die Wurzeln auseinander gezogen und wenn nötig durchtrennt. Dabei aber auf die Pseudobulben achten.
Den Hauptpseudobulbus topft man so in einen kleinen Topf, dass er sich mit seinen Wurzeln ohne Probleme halten kann. Den Rest der Pflanze können Sie in einen Topf set-zen, der etwas größer ist als der Wurzelballeb Der neue Zuwachs sollte an der Basis des zweiten Pseudobulbus erscheinen und wenn er ausgewachsen ist, wiederum blühen.
1) Klopfen Sie die Pflanze im Frühling oder Herbst, wenn sie nicht voll im Wachstum oder vollständig ruhend ist, aus ihrem Behälter. Lösen Sie vorsichtig die Erde aus den Wurzeln, um den Hauptpseudobulbus freizulegen.
2) Wurzelballen auf die Seite legen und mit einem sauberen, scharfen Skalpell oder Messer das zwischen Hauptpseudobulbus und Nebenbulben liegende Rhizom durchschneiden. Hauptpseudobulbus vorsichtig frei ziehen und wenn nötig, die Wurzeln durchschneiden.
3) Entfernen Sie von beiden Teilen alle beschädigten Wurzeln und alte oder tote Nebenbulben. Topfen Sie die Mutter-pflanze wieder in einen
Topf, der um 1 cm größer ist als der Wurzelballen. Den Hauptpseudobulbus in einen möglichst kleinen Topf setzen.
Cattleya vermehren
Cattleya-Arten sind epiphytische, sympodiale Orchideen. Der Begriff umfasst hier alle Arten der Gattung Cattleya und auch andere verwandte Gattungen und intergenerische Hybriden zwischen ihnen wie x Laeliocattleya. Alle Orchideen mit Cattleya-Arten in ihrer Elternlinie werden gleich vermehrt. Cattleya bildet aufrechte, Pseudobulben mit ein oder zwei halbsteifen Blättern.
Sie können auf gewöhnliche Art durch Trennung der Nebenbulben vermehrt werden oder auch in gleiche Teile von vier oder mehr Pseudobulben aufgeteilt werden, jedes Teil mit neuem Trieb. Manchmal zeigen die älteren Pseudo- oder Nebenbulben keinen neuen Zuwachs. Sie können zum Wachsen angeregt werden, indem man im frühen Herbst, ohne sie herauszunehmen, durch das Rhizom zwischen den Pseudobulben schneidet. Lassen Sie die geteilten Stücke bis zum nächsten Frühling an ihrem Platz. Getrennt und umgetopft werden sie, wenn neuer Zuwachs sichtbar wird, aber bevor sich an der Basis des neuen Zuwachses Wurzeln bilden; 2-3 Jahre später blühen sie.
RUHENDE AUGEN
Wenn Sie Pseudobulben und Nebenbulben trennen, schauen Sie nach den ruhenden ?Augen", die sich an der Basis jedes Pseudobulbus befinden. Diese sollten dick und grün sein; falls sie runzelig oder braun sind, sind sie tot. An jedem Pseudobulbus, der geteilt wird, sollte sich mindestens ein gesundes Auge befinden.