Heilpflanzen in antiken Kulturen - Folge 2

Autor: Redaktion Magazin   
Veröffentlicht: 13.03.2011 - 08:26 Uhr
 
Die besten Ärzte der damaligen Welt- Heilkunst im Alten Ägypten

Schon der griechische Dichter Homer erwähnt um 720 vor Christus, dass in Ägypten „die fruchtbare Erde mancherlei Kräuter zu guter und schädlicher Wirkung hervorbringt. Dort ist jeder ein Arzt und übertrifft an Erfahrung alle Menschen“.
Die altägyptischen Ärzte verließen sich auf ihr Wissen im Bereich der Pflanzenheilkunde und waren weit über die Grenzen ihres Reiches hinaus geschätzt. Andere Herrscher baten oft um ihren Rat, wie zum Beispiel der Hethiterkönig Hatuschili, der sich in einem Brief an den Pharao Ramses II. wandte. Seine Schwester war unfruchtbar und sollte mithilfe pflanzlicher Arzneien eines ägyptischen Arztes ein Kind empfangen. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Schwester von Hatuschili schon über 60 Jahre war und somit auch kein ägyptischer Arzt vermocht hätte, ihr die Fruchtbarkeit wiederzugeben.

Rezeptsammlungen für eine erfolgreiche Behandlung

Leider sind Heilpflanzenbücher aus pharaonischer Zeit nur bruchstückhaft erhalten. In einem stark zerstörten Papyrus aus Tebtunis, einer Stadt am Südrand der Oase Fayyum, werden 90 Pflanzen ihrem Aussehen nach beschrieben.
Das berühmteste medizinische Fachbuch ist der Papyrus Ebers, der sich heute in Leipzig befindet. Es handelt sich dabei um eine 20 Meter lange Schriftrolle, auf der Rezepte niedergeschrieben wurden. Diese beginnen immer mit der rot geschriebenen Einleitung: „ein Heilmittel für“, dann die Nennung der Krankheit (ebenfalls mit roter Tinte) und deren Behandlung mit genauen Dosisangaben der einzelnen Bestandteile (in Schwarz geschrieben): „Ein anderes Heilmittel für das Entleeren des Bauches, das Beseitigen von Leiden im Bauch des Mannes: Früchte der Rhizinuspflanze kauen, herunterschlucken mit Bier, so dass all das herauskommt, was in seinem Bauch ist.“ (aus: Papyrus Ebers 25)
Tatsächlich ist es den Ägyptologen bis jetzt nicht gelungen, alle Pflanzen zu identifizieren, da diese nicht näher beschrieben werden.

Früchte, Wurzeln, Rinde, Samen - alles Pflanzliche findet Verwendung

Die Heilmittel der alten Ägypter bestanden aus mineralischen, pflanzlichen und tierischen Bestandteilen, die zur besseren Einnahme mit Milch, Wasser, Wein, Bier oder pflanzliche Öle gemischt wurden. Immer wieder ist auch vom „Entleeren“ des Körpers zu lesen, was unter anderem durch die abführende Wirkung der Maulbeerbaum- oder Eselsfeigen (botanisch Ficus sycomorus), altägyptisch nehet, der Echten Feigen (botanisch Ficus carica), altägyptisch dab, der Hülsen des Johannisbrotbaumes (botanisch Ceratonia siliqua), altägyptisch dscharet, und des Rizinus (Rizinus communis), altägyptisch degem, hervorgerufen wurde.
Obwohl Rizinus als eines der stärksten Laxans (Abführmittel) gilt, wurde im Alten Ägypten nur dessen Samen als Abführmittel verordnet, das Rizinusöl wurde als Hautpflegemittel oder Lampenöl eingesetzt.
Ein wichtiges Mittel, das zur Behandlung von Bandwurmerkrankungen (altägyptisch hefat-Wurm) verschrieben wurde, war die Rinde oder Wurzel des Granatapfelbaumes (botanisch Punica granatum), altägyptisch inhemen. Aufgrund seiner Inhaltsstoffe, vor allem des Isopelletierin, lähmt es das Nervensystem des Bandwurmes, der dann mit dem Stuhlgang ausgeschieden werden konnte: „Ein Heilmittel zum Töten des hefat-Wurmes: Wurzel des Granatapfelbaumes fünf ro (ein ro sind 15 Milliliter), Wasser zehn ro, werde nachts dem Tau ausgesetzt, werde durchgepresst, werde getrunken einen Tag lang“ (aus: Papyrus Ebers 50).
Als Diuretikum (Ausschwemmung von Wasser) wurden die Beeren des Zederwacholders (botanisch Juniperus oxycedrus), altägyptisch uan, verwendet. Ihre ätherischen Öle beeinflussen innerlich die Nierenrinde und das Nierenmark und können bei Frauen nach einer Überdosis zu Uterusblutungen und Schwangerschaftsabbruch führen. Äußerlich gelten die Wacholderbeerenöle als hautreizend und keimabtötend. Bei der Einbalsamierung der Verstorbenen legte man sie zwischen die Leinenbinden.
Interessanterweise sind in den medizinischen Büchern auch Rezepturen zur Herstellung von Schönheitsmitteln aufgeführt. Gegen Gesichtsfalten sollte eine Mischung aus Wachs, Harz und Behenöl (altägyptisch bak) in Pflanzenschleim helfen. Behenöl wurde aus den Samen des Benbaumes (botanisch Moringa peregrina) gewonnen und war das beliebteste Pflegeöl der altägyptischen Frauen.
Mit Henna (botanisch Lawsonia inermis), altägyptisch wohl anch-imi (das, in dem Leben ist), wurden nicht nur Haare und Fußsohlen gefärbt, sondern auch Entzündungen, Hautausschläge und Wunden behandelt. Das Pulver der Blätter wirkt antibakteriell.


mit freundlicher Genehmigung von G. Gilbers

Fachärzte mit Spezialgebieten

Der griechische Historiker Herodot von Halikarnassos weist um 420 vor Christus im zweiten Buch seiner Historien darauf hin, dass „die Heilkunst [in Ägypten] aufgeteilt ist. Jeder Arzt behandelt nur eine bestimmte Krankheit, nicht mehrere, und alles ist voll von Ärzten. Da sind Ärzte für die Augen, für den Kopf, für die Zähne, für den Leib und für innere Krankheiten“.
Namentlich sind aus dem Alten Ägypten 130 Personen bekannt, die den Titel „swenu“ (Arzt) trugen.
Die Grundausbildung durchliefen sie vermutlich bei einem Familienmitglied, meist dem Vater, und gingen anschließend in das „Haus des Lebens“ (altägyptisch per anch), das einem Tempel angeschlossen war und eine große Bibliothek beherbergte. Dort bekamen sie den Feinschliff in der Ausbildung und konnten sich auf ein Fachgebiet spezialisieren. Die altägyptischen Ärzte waren hervorragende Beobachter und Kenner der Natur und benutzten dieses Wissen, um Krankheiten erfolgreich zu bekämpfen. Sie lebten nach der Methode: „gegen jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen".

Magische Sprüche - die Götter helfen bei der Heilung

Ein Arzt musste auch Kenntnis von rituellen Praktiken haben. Um die Wirkung einer Arznei zu verstärken und den Schutz der Götter zu erflehen, wurden bei der Behandlung oftmals magische Sprüche rezitiert. Der altägyptischen Vorstellung nach galten Krankheiten als eine Strafe der Götter, böser Dämonen oder rachsüchtiger Verstorbener.
Die nächste Folge beschäftigt sich mit den Heilern des antiken Griechenlandes und deren Behandlungsmethoden, die denen der altägyptischen Ärzte sehr ähnlich waren. -yl-


mit freundlicher Genehmigung von G. Gilbers

Infokasten:

Ein altägyptisches Rezept zum Nachahmen
Schwarzkümmel (botanisch Nigella sativa) wird gemahlen (alternativ kann man auch einen Esslöffel Schwarzkümmelöl nehmen) und mit einem Esslöffel Honig vermischt. Die Masse wird auf die gereinigte Gesichtshaut aufgetragen und sollte 15 Minuten einwirken. Anschließend mit lauwarmen Wasser abwaschen. Die Haut fühlt sich danach glatt und weich an.


[size=117]Dies ist ein Artikel aus unserer Zeitschrift Pflanzen wunderschön. Von Mitgliedern für Pflanzenfreunde geschrieben.... Den kompletten Artikel mit Bildern findest Du in der Ausgabe 5[/size]

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