Freund oder Feind - der Gemeine Ohrwurm

Autor: Redaktion Magazin   
Veröffentlicht: 12.01.2011 - 07:45 Uhr
 

Quelle:fotolia

Der Gemeine Ohrwurm (Forficula auricularia) gehört zu den Insekten. Ohrwürmer werden in einer eigenen Ordnung - Dermaptera - zusammengefasst. Der Ordnungsname setzt sich aus den griechischen Wörtern Derma (für Haut oder Leder) und Pteron (für Flügel) zusammen. Dieser Name bezieht sich auf die bei ihnen verkürzten und verhärteten Vorderflügel.
Woher der deutsche Name Ohrwurm kommt, ist nicht so einfach zu beantworten. Jedenfalls nicht daher, dass die Tiere in Ohren krabbeln und dort ihr Unwesen treiben. Das tun sie nämlich nicht.
Für Menschen sind Ohrwürmer absolut ungefährlich. Im schlimmsten Fall kneifen sie ein wenig.

Unfreiwillige Helfer in der antiken Heilkunde

Vermutlich bezieht sich der Name auf die von der Antike bis in die Neuzeit praktizierte Verwendung getrockneter und pulverisierter Ohrwürmer in der Ohrenheilkunde. Möglicherweise leitet er sich aber auch ab von der Form der Cerci, also der „Zangen“ am Hinterleib ab, die an ein Nadelöhr erinnern.

Diese Cerci sind bei den Männchen eher gebogen und manchmal gezahnt, bei den Weibchen eher gerade. Sie haben verschiedene Funktionen. Bei der Jagd, sowie während der Paarung kommen sie zum Einsatz, außerdem dienen sie der Selbstverteidigung. Außerdem helfen sie beim Entfalten der Hinterflügel. Einige Ohrwurmarten, auch der Gemeine Ohrwurm, können tatsächlich fliegen. Sie tun es allerdings nur sehr selten. Um unter den kurzen Vorderflügeln Platz zu finden, müssen die Hinterflügel kompliziert zusammengelegt werden, und die Zangen helfen dabei, sie wieder aufzufalten.

Kein wählerischer Feinschmecker

Der Gemeine Ohrwurm ist ein Allesfresser. Gerne nimmt er weiche, oft bereits verrottende Pflanzenteile zu sich. Tritt er in Massen auf, kann er durchaus lästig oder gar zum Schädling werden,so beispielsweise im Weinbau, in dem er Löcher in die weichen Weintrauben frisst und zu Hauf in der Ernte landet. Die harten Schalen von Äpfeln und Birnen dagegen kann er nicht durchbeißen, obwohl er gerne an bereits beschädigten Früchten frisst. Nektar und Pollen werden ebenfalls gefressen. Wenn sich die Gelegenheit dazu bietet, holt er sich auch Nahrung aus Wildbienenröhren. Trotz alledem ist er in Gärten gern gesehener Gast, da er Jagd auf Blattläuse und junge Raupen macht. In einer Nacht kann er 50 bis 100 Blattläuse vertilgen. Auch Insekten- und Schneckeneier stehen auf seiner Speisekarte. Andere Ohrwurmarten wie etwa der Sandohrwurm (Labidura riparia) sind sogar rein räuberisch.

Ohrwürmer sind vorwiegend nachtaktiv. Tagsüber verstecken sie sich in kleinen Gruppen in Ritzen und Spalten, etwa hinter Rinde, in Stein- oder Laubhaufen. Das kann man sich zu Nutze machen, um die Tiere gezielt in blattlausgefährdeten Gartenecken anzusiedeln. Ein Blumentopf wird mit Heu, Stroh oder (unbehandelter) Holzwolle gefüllt. Damit er später aufgehängt werden kann, wird durch das Loch im Boden ein Stöckchen gesteckt, an welchem eine Schnur oder ein Draht befestigt ist. Um zu verhindern, dass die Füllung sich selbstständig macht, kann man ein Obstnetz oder ähnliches über den Topf ziehen. Besonders verlässlich werden die Töpfe bezogen, wenn sie im Herbst neben einem Laubhaufen aufgestellt werden. Sie werden einfach umgedreht mit einem kleinen Hölzchen als Abstandhalter auf die Erde gestellt. Sind Ohrwürmer eingezogen, können die Töpfe im Frühling in Kernobstbäume gehängt oder, auf einen Stock gesteckt, an blattlausgefährdeten Stauden wie Margeriten platziert werden.

Auf die gleiche Art kann man die Tiere auch einsammeln und umsiedeln, wenn sie irgendwo lästig werden sollten. Dazu eignen sich auch sonstige mit Stroh befüllte Gefäße wie Eimer oder andere Verstecke wie Eierkartons, zusammengerollte Zeitungen oder Röhrenstücke (Bambus oder Abwasserrohr). Die Fallen werden regelmäßig in eine Tüte geklopft und die Tiere weggebracht. Wenn sie wirklich stören, kann man ihnen das Leben schwer machen, indem andere Verstecke wie Laubhaufen und Efeubewuchs am Haus entfernt werden. Allerdings sollte bedacht werden, dass damit auch vielen anderen Tieren der Lebensraum genommen wird. Natürliche Fressfeinde der Ohrwürmer sind neben verschiedenen Insekten, wie einigen Käfern und Ameisen auch Spinnen, Kröten, Schlangen, Vögel und Fledermäuse. Falls ihre Feinde ausreichend Unterschlupf und Nistmöglichkeiten vorfinden, werden auch die bei der Blattlausbekämpfung so nützlichen Ohrwürmer nicht überhand nehmen.

Eine aufopfernde Mutter

Die erwachsenen Tiere überwintern unter Rinde, in Spalten und hohlen Pflanzenstängeln, unter Laub und zwischen Holzstücken. Im Frühjahr legt das Weibchen einige Dutzend Eier in einem Versteck am Boden. Sie kümmert sich um das Gelege und die jungen Larven, bis sie stirbt und dient anschließend oft noch als Nahrung. Ohrwürmer durchlaufen, wie beispielsweise auch Heuschrecken eine unvollständige Entwicklung, sie verpuppen sich also nicht. Die Larven sehen den erwachsenen Tieren bereits sehr ähnlich, haben jedoch keine Flügel. Nach ungefähr einem Monat und vier bis fünf Häutungen sind sie erwachsen. -rh-

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