Moin,
ich fange mal an:
viele Pflanzen, wie z.B. Steppen-, Wüsten- und Felsbewohner, sind von Natur aus nur sehr geringe Mengen an Humus gewohnt. Dieser liegt am Standort hauptsächlich in Rohhumusform als abgefallene Pflanzenteile vor oder, in Felsspalten, als zugewehter Humusstaub. Unter den dort herrschenden Bedingungen (Trockenheit und/oder Kälte) wird dieser Humus kaum durch bakterielle und pilzbedingte Prozesse abgebaut sondern durch Umwelteinflüsse "geschreddert" (z.B. Trockenheit, Kälte, Hitze), der Humus wird nicht direkt mineralisiert, wird den Pflanzen also kaum als an den Boden abgegebene Nährsalze zur Verfügung gestellt. Pflanzen die unter diesen Bedingungen leben haben in den Wurzeln keine oder kaum Schutzmechanismen, um sich gegen derartige Vorgänge zu wehren, vor allem weil auch einige saprophytische, also humuszersetzende, Pilze Wurzeln angreifen könnten. Zusätzlich wirken Humusbestandteile im Substrat wie ein Schwamm und halten überschüssige Feuchtigkeit zu lange und es kann ebenfalls zu Wurzelschäden kommen. Mit der Zeit zersetzt sich auch der Humus im Topf und das Substrat sackt zusammen, dadurch wird der Lufthaushalt gestört und es kann ebenfalls zu Nässeschäden kommen.
Die Kultur derartiger Pflanzen ist in mineralischen Substraten leichter, weil keine unkontrollierbaren Vorgänge im Boden stattfinden. Es heißt aber nicht, das sie nicht in reinen Humussubstraten auch kultiviert werden können. Mit Fingerspitzengefühl kann man gegen Nässe hochempfindliche Pflanzen wie einige Kakteen (z.B. Ariocarpus) auch in Torf pflegen (habe ich schon gesehen und sie waren wirklich gut), man muss nur besser aufpassen. In diesem Fall ist der Vorteil mineralischer Substrate klar in der besseren Kontrollierbarkeit zu sehen.
Nachteil der mineralischen Kultur ist, das man vor allem die Wasser- und Nährstoffgaben gut kontrollieren muss. Viele empfindliche Pflanzen werden in diesen Substraten teilweise unterversorgt. An den Standorten stehen die Pflanzen nicht unbedingt in magerem Boden. Der begrenzende Faktor ist dort meist das Wasser. Wenn es zur Verfügung steht, dann kann die Pflanze auch gut Nährstoffe aufnehmen. Ich wage zu behaupten, das fast mehr Ariocarpen wegen Unterversorgung "gehimmelt" wurden als durch Nässeschäden.
Ariocarpus kotschoubeyanus steht in der Regenzeit sogar teilweise tagelang 10 cm unter Wasser.
Wenn man erst einmal ein Rezept gefunden hat, in dem die eigenen Pflanzen bei den eigenen Kulturbedingungen und der eigenen Pflege am besten wachsen, dann sollte man dabei bleiben, man muss aber erst einmal probieren, das dauert etwas. Ich selbst habe eine gärtnerische Mischung aus Torf:Rindenhumus:Grünkompost:Grus 3-8 mm im Verhältnis 1:1:1:7 und pflanze die Pflanzen in teilweise recht große Tontöpfe. Z.B. steht bei mir
Eriosyce napina, ein "Erdkaktus" aus Chile, der dort in fast sterilen Steinwüsten wächst, im selben Substrat wie
Echeveria setosa var. ciliata, die in Mexiko Moospolster an steilen Nordwänden ihr Zuhause nennt.
Also, mein mineralischer Anteil ist recht hoch (70%), aber ganz Verzichte ich nicht auf Humus (liegt sicher am Schwerpunkt meiner Sammlung).
Das solls erst einmal sein
Tschüß
Stefan