Wenig Aufwand, große Wirkung
Im Vorbeifahren, aus dem Augenwinkel nimmt man es wahr: Platanenreihen, Rasenflecken, struppige Wacholder, ein paar rote Geranien in großen sechseckigen Betonkübeln. Grün ist der Mittelstreifen des Ku’damm in Berlin, so grün wie das Abstandsgrün abgewohnter Wohnviertel oder wie die öffentlichen Freiflächen angesichts knapper Haushalte in vielen anderen Städten auch.
Und dann das Kontrastprogramm: Blaue und rosa Töne, pink und weiß, das Spiel schlanker Grashalme, duftige Eleganz zwischen tosendem Straßenverkehr. Eingebettet in Rasenstreifen entfaltet sich der Charme einer wohl abgestimmten Staudenpflanzung auf nur 250 qm. "Einzug der Gräser und Blütenstauden auf den Kurfürstendamm" nennt Christian Meyer, Berliner Gartenarchitekt, sein Projekt am Olivaer Plazt mitten in Berlin.
Stauden, also die dauerhaften, winterharten Pflanzen, für das öffentliche Grün zurückzugewinnen ist schon lange das Thema von Gartenarchitekt Christian Meyer. Staudenpflanzungen gelten als pflegeaufwändig. Werden sie dagegen sorgfältig auf den Standort abgestimmt und die richtigen Nachbarn zusammen gesetzt, hält sich der Pflegeaufwand in Grenzen.
Farben- und Formenreichtum das ganze Jahr
Wo vormals eine gerade mal 25 qm große Saisonbepflanzung für Farbe sorgte, eröffnet jetzt ein zarter Auftakt mit Krokussen und Narzissen das Jahr. Elegante einfache und lilienblütige Tulpen folgen, bevor dicker violettblauer Kugellauch (Allium aflatunense ‘Purple Sensation’) im späten Frühjahr zu leuchtend rosa und lachsfarbenem Türkischen Mohn und blau, rosa, weißen und hellgelben Bartiris sowie zartgelbem Frauenmantel überleiten. Den Sommer bestimmen feine Gelbtöne von Aster linosyris, untermalt vom dunklen Violett und Blautönen von Salvien und Zierlauch (Allium sphaerocephalon). Kissenastern, das Purpur der hohen Fetthenne (Sedum telephium ‘Herbstfreude’) und herbstblühende Bergenien weben im Herbst einen Teppich aus Blau und Rot. Darüber wehen elegante rosa und bräunlichen Blütenstände von Miscanthus-Gräsern. Das Silber von Lampenputzergras und Diamantgras sowie das Rotbraun der Rutenhirse vertiefen die Wirkung. Die Gräser sind es auch, die die Fläche den Winter hindurch beleben. Beige, ocker, braun und grün schimmern die Halme und Wedel in Nebel und Nässe oder – seltener und noch schöner – in Schnee und Raureif.
Natürlich braucht die Fläche Pflege wie Unkrautkontrolle und Rückschnitt von Verblühtem. Noch wichtiger auf dem extremen Standort ist das Gießen. Aber der Pflegeaufwand hält sich in Grenzen. 14 Minuten pro qm und Jahr hat Christian Meyer mit seinen studentischen Helfern ermittelt. Wenig Zeit für eine Fläche, die Tausenden von Betrachtern Ruhe und Harmonie vermittelt und den Wechsel der Jahreszeiten auch in der Stadt sinnlich erlebbar macht.
CMA
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