Zum Finale ein Feuerwerk:
Im leuchtenden Blätterwald
Orangerot, tiefes Purpur, Violettbraun, Scharlach- und Weinrot: eine Mischung, die vermuten lässt, jemand habe sich intensiv an der Farbpalette bedient. So sieht es aus, wenn sich die Blätter des Amberbaums (Liquidamber styraciflua) im Herbst verfärben. Die Scharlachkirsche (Prunus sargentii) leuchtet in Orangerot, die Felsenbirne (Amelanchier) schwört auf Kupferorange und die Birken setzen einen goldgelben Tusch dazu. In dieser Jahreszeit erfasst ein wahrer Farbenrausch die Bäume und Sträucher. Selbst einige Stauden mischen dicht am Boden mit: Die Pfingstrosen beispielsweise mit orange überhauchtem Gelb, die Funkien mit hellem Gelb und der Blutweiderich mit einem wunderschönen Rotton.
Jahr für Jahr erleben wir die Verwandlung der Blätter. Doch stehen wir immer wieder staunend vor der Farbenpracht und können uns am Gelb, Orange und Rot vor dem klarblauen Herbsthimmel nicht satt sehen. Dabei steckt biologisch betrachtet pure Sparsamkeit hinter dem Farbenspiel. Alle verwertbaren Stoffe werden noch vor Einbruch der Kälte aus den Blättern abtransportiert und in den schützenden Stamm und die Äste, in Wurzeln und Speicherorgane eingelagert.
Hormongesteuert
Dieser Prozess wird von Hormonen gesteuert. Wann sie gebildet werden, hängt von der Tageslänge ab. Der Rotahorn (Acer rubrum) eröffnet als einer der ersten Bäume bereits zur Zeit der Tag- und Nacht-Gleiche im September mit glühenden Orange-Rottönen die Zeit der Herbstfärbung. Auch der Wilde Wein (Parthenocissus) verfärbt sich relativ früh und schwelgt in schönen Rot- und Purpurtönen, ebenso die Goldbirke (Betula ermanii), die ihrem Namen alle Ehre macht. Die anderen Pflanzen werden erst durch die deutlich kürzeren Tage ab Mitte Oktober zum Farbenwechsel veranlasst. Wenn jedoch eine Lampe den Tag künstlich verlängert, unterbleibt der Impuls, sich auf das Ende der Wachstumsperiode einzustellen. Der beleuchtete Zweig bleibt grün ? bis der Frost ihn kahl werden lässt.
Rot gegen Kälte
In den sich verfärbenden Blättern werden Zucker und Proteine mit dem Saftstrom abtransportiert. Auch das Chlorophyll, das Blattgrün, das den ganzen Sommer lang die Energie des Sonnenlichts einfängt und den Pflanzen damit die Produktion von Zucker ermöglicht, wird nun in farblose, transportable Teile zerlegt und weggetragen. Sobald das Grün verschwindet, werden andere Farbstoffe sichtbar: Die an der Photosynthese beteiligten gelben Carotinoide und die roten und blauen Anthozyane, deren Aufgabe es ist, die Blattzellen vor aggressiven Sonnenstrahlen und oxidativem Stress zu schützen. Daher entstehen sie im Frühjahr als erstes und färben bereits ganz junge Triebe rot und violett. Im Herbst bleiben sie zusammen mit den Carotinoiden bis zum Schluss in den Zellen und lassen zum Beispiel die Blätter der Zaubernuss (Hamamelis) gelb bis orangerot und die des Essigbaums (Rhus typhina) orange bis dunkelrot werden.
Herbstkinder
Welche Farbstoffe in den Blättern entstehen, ist genetisch festgelegt. Daher zeigen Linde, Weide und Ginkgo immer eine klare gelbe Herbstfärbung, die Buchen schmücken sich mit charakteristischem Gelbbraun und sein glühendes Rot macht das Geflügelte Pfaffenhütchen (Euonymus alatus) zum begehrten Gartenstrauch. Aber nicht in jedem Jahr fällt die Farbstärke gleich aus: Ein schöner Herbst mit warmen Tagen und kühlen Nächten lässt die Farben besonders intensiv strahlen, denn dann werden vermehrt Anthozyane gebildet. Ein milder Herbst lässt hingegen sanfte, weiche Farben entstehen.
Carpe Diem!
Aber man kann ? zumindest im eigenen Garten ? der Farbenpracht ein wenig nachhelfen. Es gibt viele Gehölze, die sich auch bei ungünstiger Witterung zuverlässig färben. Wer ein herbstliches Feuerwerk plant, sollte auf sie setzen. Dazu gehören außer den schon genannten auch der Perückenstrauch (Cotinus coggygria) mit seinem glühenden Gelborange bis Scharlachrot. Auch der Eisenholzbaum (Parrotia persica) und der Federbuschstrauch (Fothergilla) spielen alljährlich die Farbpalette von Gelb über Orange hin zu Rot und Violett durch. Wunderschön Orangerot bis Rot färben sich die Blätter der Eichenblatt-Hortensie (Hydrangea quercifolia). Der Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera) gefällt Jahr für Jahr durch sein lebhaftes Goldgelb. Wahre Farbschätze im Garten sind die kleinen japanischen Ahorne (Acer palmatum und Acer japonicum) mit ihren feurigen Farben. Wenn sie am schönsten glühen, ist der erste Frost nicht mehr weit, der die ganze Pracht zu Boden segeln lässt. Dann muss das Auge sich wieder langsam auf das winterliche Grau, Braun, Rot und Schwarz der Stämme und Zweige sowie auf das dunkle Grün der Immergrünen einstellen. Doch auch das hat seinen ganz besonderen Reiz!
CMA
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