Von der Wildblume zum Börsenstar in die Vasen der Welt
Wohl keine andere Blume hat für so viel Furore gesorgt und eine derart bewegte Vergangenheit wie die Tulpe. Es ist die Geschichte eines unglaublichen Aufstiegs von der einfachen Wildblume aus den Weiten Asiens bis zum begehrten Prestigeobjekt im Holland des 17. Jahrhunderts. Danach kam ein tiefer Fall, doch die Tulpe hatte immer ihre Bewunderer und ist heute eine der beliebtesten Blumen ? so beliebt, dass ihr nicht nur dicke Bücher und ganze Ausstellungen gewidmet werden, sondern bis Ende April auch viele Blumenvasen.
Niederländerin mit orientalischen Wurzeln
Die Tulpe ist eines der Wahrzeichen der Niederlande, obwohl sie dort erst seit vier Jahrhunderten kultiviert wird. In der Region zwischen Haarlem und Leiden befindet sich der so genannte ?Bollenstreek?, das weltweit größte Anbaugebiet für Tulpenzwiebeln. Ihren Ursprung hat die Tulpe jedoch weit im Osten, in Asien. Ihr Hauptverbreitungsgebiet reicht von Armenien bis zum Tian-Shan-Gebirge an der Grenze zwischen China und der ehemaligen Sowjetunion. Von dort gelangte sie entlang der Handelsrouten nach Westen ins Osmanische Reich, wo sie früher eine große Rolle spielte. Um 1500 war sie so populär, dass jedes Jahr im Frühling große Tulpenfeste gefeiert wurden. Unter Suleiman dem Prächtigen fand von 1520 bis 1566 eine regelrechte Tulpenära statt. In seinen Gärten sollen jedes Jahr eine halbe Million Tulpen geblüht haben.
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Auf Umwegen nach Leiden
Aus den Gärten des Sultans gelangte die Tulpe über Umwege in die Niederlande: Ogier Ghislain de Busbecq war ein Gesandter des Habsburger Reiches am Hofe des Sultans und brachte 1554 einige Tulpenzwiebeln und -samen nach Wien. Diese bekam der dort lebende Botaniker Carolus Clusius. Als Clusius 1592 zum Direktor des Botanischen Gartens in Leiden ernannt wurde, nahm er einige Zwiebeln mit. 1593 pflanzte er die erste Tulpenzwiebel in den Niederlanden, im Botanischen Garten der Universitätsstadt Leiden.
Eine Nation im Begeisterungstaumel
Hier in Leiden begann der unvergleichliche Aufstieg dieser Blume: Die Niederländer waren von der bisher für sie unbekannten, exotischen Pflanze fasziniert und sie waren bereit, viel Geld für sie bzw. für ihre Zwiebeln auszugeben. Als immer mehr Sorten in den unterschiedlichsten Farben und Formen entstanden, erfasste die Begeisterung zunehmend größere Kreise der Bevölkerung. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde die Tulpe zu einer exklusiven Gartenpflanze und sie war ein Prestigeobjekt, mit dem viel Geld zu verdienen war. Es kam zu einem lebhaften Tulpenzwiebelhandel, der schließlich zu wilden Spekulationsgeschäften führte. Die Preise stiegen unaufhaltsam und nahmen unglaubliche Ausmaße an. Für eine besonders begehrte Zwiebel wurden 10.000 Gulden bezahlt, was zu der Zeit dem Preis eines Grachtenhauses in Amsterdam entsprach.
Hoch gepokert ? viel verloren
Das Ende dieser ?Tulpomanie? kam 1637. Der Tulpenzwiebelmarkt brach über Nacht zusammen, als das Angebot an Zwiebeln auf einmal größer war als die Nachfrage. Viele Menschen, die damals noch hofften, mit Tulpenzwiebeln das große Geld machen zu können, verloren ihr gesamtes Vermögen. Sie hatten alles auf eine Karte gesetzt und in Zwiebeln investiert, die sie für besonders wertvoll hielten. Doch statt immer höhere Preise zu erzielen, waren die Zwiebeln plötzlich nur noch einen Bruchteil ihres Kaufpreises wert. Von den Tulpen, die während der ?Tulpomanie? besondere Schätze waren, zeugen Gemälde, die heute kostbare Sammlerstücke sind. Damals, als die Fotografie noch nicht bekannt war, waren diese Bilder für manche Menschen, die sich keine Tulpen leisten konnten, eine relativ preiswerte Art, sich an diesen schönen und teuren Blumen zu erfreuen. Heute ist die Tulpe erschwinglich und für viele Menschen die wichtigste Frühlingsblume.
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