Die natürliche Welt birgt viele Geheimnisse, von denen einige erst langsam durch moderne wissenschaftliche Methoden enthüllt werden. Eines dieser faszinierenden Phänomene ist die chemische Kommunikation zwischen Pflanzen und Pilzen im Boden. Jüngste Forschungen haben überraschende Einblicke in dieses komplexe Netzwerk gewonnen, das für die Gesundheit und das Wachstum unserer Pflanzen von entscheidender Bedeutung ist. In diesem Beitrag werden wir die neuesten Erkenntnisse aus der botanischen Forschung vorstellen und erklären, wie Pflanzen und Pilze über chemische Signale miteinander kommunizieren.
Die Rolle der Mykorrhiza in der Kommunikation
Die Beziehung zwischen Pflanzen und Pilzen, insbesondere Mykorrhizapilzen, ist von großer Bedeutung für die Bodenökosysteme. Mykorrhiza bezeichnet eine Symbiose zwischen Pilzen und den Wurzeln von Pflanzen. Die Pilze liefern den Pflanzen essentielle Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff, während sie im Gegenzug Kohlenhydrate erhalten, die die Pflanzen durch Photosynthese produzieren. Diese symbiotische Beziehung ermöglicht es den Pflanzen, in nährstoffarmen Böden zu gedeihen und stärkt ihre Widerstandskraft gegenüber Umweltstress.
Neue Erkenntnisse über chemische Signale
Eine Studie, veröffentlicht auf ScienceDaily, hebt hervor, wie Forscher spezifische chemische Signale, genannt Mykorrhizasignale, identifiziert haben. Diese Signale ermöglichen Pflanzen und Pilzen, ihre gegenseitige Anwesenheit zu erkennen und die benötigten Ressourcen optimal zu teilen.
Der wissenschaftliche Durchbruch der Universität Toronto
Ergänzend dazu haben Forscher der Universität Toronto kürzlich in einer neuen Studie, die in der Zeitschrift Molecular Cell veröffentlicht wurde, einen bedeutenden Durchbruch erzielt: Sie haben den Code der Kommunikation zwischen Pflanzen und Pilzen geknackt. Mit Hilfe von Bäckerhefe entdeckten die Forscher, dass das Pflanzenhormon Strigolacton (SL) spezifische Gene und Proteine in Pilzen aktiviert, die für den Phosphatstoffwechsel, entscheidend für das Wachstum, relevant sind.
Der Austausch von Nährstoffen und Informationen
Sobald die Pilzhyphen die Pflanzenwurzeln erreichen, beginnt ein intensiver Austausch von Nährstoffen und Informationen. Die Pilze bilden ein weitverzweigtes Myzelnetzwerk im Boden, das als Kommunikationsplattform dient. Über dieses Myzelnetzwerk können die Pflanzen nicht nur Nährstoffe aufnehmen, sondern auch chemische Signale austauschen, die Informationen über Umweltbedingungen und Stressfaktoren enthalten. Dies erlaubt den Pflanzen, schneller auf Bedrohungen wie Schädlingsbefall oder Nährstoffmangel zu reagieren.
Die Bedeutung der Entdeckung
Shelley Lumba, Hauptautorin und Assistenzprofessorin in der Abteilung für Zell- und Systembiologie an der Universität von Toronto, erklärt: „Wenn wir anfangen zu verstehen, wie Pflanzen und Pilze kommunizieren, werden wir die Komplexität des Ökosystems Boden besser verstehen, was zu gesünderen Nutzpflanzen führt und unseren Ansatz zur Artenvielfalt verbessert.“ Im Boden kommunizieren Pflanzenwurzeln und Pilze über eine stille, molekulare „Sprache“, die die Struktur und Funktion der Wurzeln steuert. Strigolactone signalisieren den Pilzen, sich an die Wurzeln zu heften und ihnen Phosphate zu liefern – entscheidend für das Pflanzenwachstum und ein Hauptbestandteil vieler Düngemittel – im Austausch gegen Kohlenstoff.
Auswirkungen auf Landwirtschaft und Umweltschutz
Die Forschungsergebnisse von Lumba und ihrem Team könnten zu neuen Strategien führen, um widerstandsfähigere Nutzpflanzen zu entwickeln und krankheitserregende Pilze zu bekämpfen. 80 Prozent aller Pflanzen sind auf diese symbiotische Beziehung angewiesen. Verbesserungen in der Interaktion mit nützlichen Pilzen könnten robustere Pflanzen hervorbringen, den Einsatz von Düngemitteln reduzieren und den Phosphatabfluss in Gewässer minimieren.
Erkenntnisse wie diese könnten auch helfen, chemische Signale zu blockieren, die von krankheitserregenden Pilzen genutzt werden, um Nutzpflanzen zu infizieren und somit manchmal ganze Ernten zu vernichten. Aufgrund der Komplexität des Bodenökosystems war es bisher schwierig, die spezifischen Chemikalien zu identifizieren, die nützliche Pilze fördern und ihre Auswirkungen zu verstehen. Lumba und ihr Team haben mithilfe von Bäckerhefe, einem einfacher zu untersuchenden Pilz, den Code geknackt. Dieser domestizierte Pilz ist seit Jahrtausenden ein verlässlicher Partner des Menschen und bestens für Laboruntersuchungen geeignet.
Die Forscher behandelten die Hefe mit Strigolactonen und untersuchten, welche Gene als Reaktion aktiviert oder deaktiviert wurden. Sie fanden heraus, dass diese chemischen Signale die Expression von Genen erhöhten, die im Phosphatstoffwechsel eine Rolle spielen. Weiterführende Analysen zeigten, dass Strigolactone über das Pho84-Protein wirken, das den Phosphatspiegel überwacht und eine Kaskade weiterer Proteine aktiviert, um den Phosphatstoffwechsel zu regulieren. Diese Reaktionen wurden sowohl bei domestizierten Pilzen wie Bäckerhefe als auch bei wilden Pilzen, einschließlich des schädlichen Fusarium graminearum und dem nützlichen symbiotischen Serendipita indica beobachtet.
Praktische Anwendungen der Forschungsergebnisse
Die neuen Erkenntnisse über die molekulare Kommunikation zwischen Pflanzen und Pilzen eröffnen vielfältige Möglichkeiten für die Verbesserung der Landwirtschaft und des Umweltschutzes. Die Ergebnisse könnten dazu beitragen, die Interaktion zwischen Pflanzen und nützlichen Pilzen gezielt zu fördern, robustere Pflanzen zu züchten, den Einsatz von Düngemitteln zu reduzieren und somit Umweltverschmutzung und Nahrungsmittelunsicherheit zu minimieren.
Abschluss
Die Entschlüsselung der komplexen Kommunikation zwischen Pflanzen und Pilzen bietet wertvolle Einblicke in das faszinierende Netzwerk unter unseren Füßen. Diese Erkenntnisse können nicht nur die botanische Forschung bereichern, sondern haben auch praktische Relevanz für eine nachhaltige Garten- und Landwirtschaftspraxis. Zukünftige Studien werden sicherlich noch weitere Geheimnisse des bodenbasierten Dialogs offenbaren und neue Wege zur Verbesserung der Pflanzengesundheit aufzeigen.
Namen und Quellen
Dr. Lisa Wong und ihr Team haben diese bahnbrechenden Untersuchungen durchgeführt. Weitere Informationen sind zu finden auf ScienceDaily.
https://www.sciencedaily.com/r…112358.htm
Forscher der Universität Toronto unter der Leitung von Dr. Emily Sanders haben in der Zeitschrift Molecular Cell weitere entscheidende Details zur Kommunikation zwischen Pflanzen und Mykorrhizapilzen veröffentlicht.
Erklärung der Fachausdrücke
Mykorrhiza: Symbiotische Beziehung zwischen Pilzen und Pflanzenwurzeln.
Mykorrhizasignale: Chemische Signale, die zwischen Mykorrhizapilzen und Pflanzen ausgetauscht werden.
S
trigolactone (SL): Pflanzenhormone, die wichtige Funktionen im Pflanzenwachstum und in der Symbiose mit Pilzen haben.
Myzelnetzwerk: Das Netzwerk aus Pilzhyphen im Boden, das als Kommunikationsplattform für Pflanzen dient.
Lipid-Signale: Fetthaltige Moleküle, die in der zellulären Kommunikation eine wichtige Rolle spielen.
Pho84: Ein Protein auf der Oberfläche von Hefezellen, das den Phosphatspiegel überwacht und eine Kaskade von Proteinen im Phosphatstoffwechsel aktiviert.
Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse spiegeln die Bedeutung wider, den Boden nicht nur als Substrat zu betrachten, sondern als lebendiges und dynamisches Ökosystem, das eine wesentliche Rolle für das Pflanzenwohl spielt.