... und unserem Umgang mit Lebensmitteln. Das Thema ist nicht neu, gibt auch im Forum schon paar Threads mehr oder weniger dazu (zum Beispiel den hier oder den). Ich muss mir das jetzt trotzdem von der Seele labern und würd gern hören, bzw lesen, was ihr davon haltet.
Hab grad Karotten für’s Mittagessen geschnitten. Dick, lang, orange-rot, perfekt. Wenn ich mir da überlege, was wir aus dem eigenen Garten für krumme Dinger ernten…
Wie viele krumme Möhren wurden angebaut und geerntet, damit ich diesen Beutel mit wunderschönen, gleichförmigen, perfekten Karotten kaufen konnte?
Tatsächlich ist es so, dass häufig bis zur Hälfte der Ernte verworfen wird, weil sie irgendwelchen Schönheitsidealen nicht entspricht. Tomaten haben den falschen Rotton, Gurken sind zu krumm, Kartoffeln zu klein. Bei den Karotten ist der Schnitt da gar nicht mal so schlecht - ungefähr 70% kommen direkt in den Handel, der Rest wird zu Viehfutter oder Saft verarbeitet - oder bleibt auf dem Feld. Bei Salat etwa wird gleich die Hälfte aussortiert.
Welche Kriterien Obst und Gemüse zu erfüllen hat, ist in Richtlinien vorgegeben.
Einige dieser Richtlinien werden EU weit geregelt. Derartige EU-Richtlinien zu Form und Größe von Obst und Gemüse sollen hauptsächlich sicherstellen, dass eine Klassifikation möglich ist. Der Händler weiß, wie er seine Ware deklarieren soll, der Kunde weiß, was er bekommt, Kontrolleure wissen, worauf sie achten müssen. Auch die industrielle Verarbeitung ist leichter, wenn man beim Einkauf bereits weiß, wie das gekaufte Gemüse aussieht und welche Maschinen es verarbeiten können. Allerdings verstehe ich nicht, weshalb Produkte, die nicht der Norm entsprechen, weggeworfen werden, statt sie (meinetwegen mit einer anderen Kennzeichnung) zu verkaufen. Auch dann weiß der Kunde, was er kauft. Eben krumme Gurken. Zudem sollte es doch irgendwie möglich sein, die verarbeitenden Geräte so anzupassen, dass sie variable Gemüsegrößen akzeptieren und "handeln" können, statt aberwitzig viele Tonnen Lebensmittel in den Müll zu befördern (oder wenigstens zu Tierfutter zu verarbeiten).
2008 wurden viele EU-Richtlinien im Zuge einer Entbürokratisierung wieder gekippt. Geändert scheint sich seither nicht viel zu haben.
Böden werden gnadenlos überdüngt, damit sie immer noch höhere Erträge abwerfen – und dann wird die Hälfte dieser Erträge gleich wieder untergegraben, weil man sie ohnehin nicht verkaufen kann.
Von dem, was im Handel landet, wird wiederum ein großer Teil weggeworfen, weil die Kunden bis Geschäftsschluss volle Regale mit perfekten Waren erwarten - auch beim Obst. Der größte Wegwerfer aber sind wir selber, die Endkunden. Da kann ich mich selbst leider nicht ausnehmen. Die schönste Tüte Äpfel im Laden ausgewählt, eingelagert, vergessen, weggeworfen. Dumm.
Einen Mangel hatten sie doch, meine wunderschönen Karotten. Sehen aus wie das Bild einer Karotte, nur leider hat jemand den Geschmack vergessen.
Wenn wir unsere Ernte tatsächlich einigermaßen vollständig verwerten würden, vielleicht wäre dann wieder Platz für andere Sorten? Sorten, die nicht perfekt aussehen, keine EU-Normen erfüllen, aber dafür schmecken? Das wäre nicht nur im Sinne der Sortenvielfalt, die an sich schon ihres großen Potentials für die Lösung künftiger Probleme wegen erhaltenswert ist (wer weiß schon, welchen Schädlingen die Pflanzen künftig die Stirn bieten müssen, welchen Boden-, Licht und Wasserverhältnissen und Ansprüchen der Verbraucher sie genügen müssen? Wär schade, wenn die Sorte, die die Eigenschaften für die Lösung eines solchen Problems birgt heute ausstirbt, weil ihr Potential noch nicht erkannt wurde...) sondern auch im Sinne der Verbraucher. Vielleicht wäre sogar Raum für andere Anbaumethoden – könnte man tatsächlich mehr Prozent der Ernte verkaufen, wäre es möglich, bei gleichem Preis schonendere Anbaumethoden zu praktizieren. Wir könnten eigentlich auch fairere Preise zahlen, wenn wir tatsächlich nur das kaufen würden, was wir auch essen. Für unsere Natur, für gesunde Böden und nicht zuletzt für weniger Gift und dafür mehr Geschmack im Essen. Das klingt jetzt sehr pathetisch. Aber, ganz ehrlich, das kann doch alles nicht wahr sein?!
Kann doch nicht sein, dass kleine Kartoffeln, krumme Gurken und Äpfel, die nicht perfekt rund gewachsen sind, weil ein Zweig im Weg war, im Abfall landen. Kann doch nicht sein, dass 40-50% der Kartoffelernte weggeworfen werden, bevor sie auch nur auf die Märkte kommen.
Es heißt immer, der Konsument bestimmt den Markt. Ich würd auch kleine Kartoffeln und krumme Möhren kaufen, aber im normalen Handel sind die nicht zu kriegen. Wie geht ihr damit um? Habt ihr schon versucht, andere Wege zu gehen, die Produzenten vielleicht direkt gefragt oder gibt es bei euch in Hofläden und so was Möglichkeiten, die Reste zu nutzen?
Ich werd jedenfalls versuchen, zumindest den Berg weggeworfener Lebensmittel etwas zu verkleinern. Mal sehn, wie das klappt.
Noch ein paar Links:
Taste the Waste
Sendung vom wdr
Slow Food
Hab grad Karotten für’s Mittagessen geschnitten. Dick, lang, orange-rot, perfekt. Wenn ich mir da überlege, was wir aus dem eigenen Garten für krumme Dinger ernten…
Wie viele krumme Möhren wurden angebaut und geerntet, damit ich diesen Beutel mit wunderschönen, gleichförmigen, perfekten Karotten kaufen konnte?
Tatsächlich ist es so, dass häufig bis zur Hälfte der Ernte verworfen wird, weil sie irgendwelchen Schönheitsidealen nicht entspricht. Tomaten haben den falschen Rotton, Gurken sind zu krumm, Kartoffeln zu klein. Bei den Karotten ist der Schnitt da gar nicht mal so schlecht - ungefähr 70% kommen direkt in den Handel, der Rest wird zu Viehfutter oder Saft verarbeitet - oder bleibt auf dem Feld. Bei Salat etwa wird gleich die Hälfte aussortiert.
Welche Kriterien Obst und Gemüse zu erfüllen hat, ist in Richtlinien vorgegeben.
Einige dieser Richtlinien werden EU weit geregelt. Derartige EU-Richtlinien zu Form und Größe von Obst und Gemüse sollen hauptsächlich sicherstellen, dass eine Klassifikation möglich ist. Der Händler weiß, wie er seine Ware deklarieren soll, der Kunde weiß, was er bekommt, Kontrolleure wissen, worauf sie achten müssen. Auch die industrielle Verarbeitung ist leichter, wenn man beim Einkauf bereits weiß, wie das gekaufte Gemüse aussieht und welche Maschinen es verarbeiten können. Allerdings verstehe ich nicht, weshalb Produkte, die nicht der Norm entsprechen, weggeworfen werden, statt sie (meinetwegen mit einer anderen Kennzeichnung) zu verkaufen. Auch dann weiß der Kunde, was er kauft. Eben krumme Gurken. Zudem sollte es doch irgendwie möglich sein, die verarbeitenden Geräte so anzupassen, dass sie variable Gemüsegrößen akzeptieren und "handeln" können, statt aberwitzig viele Tonnen Lebensmittel in den Müll zu befördern (oder wenigstens zu Tierfutter zu verarbeiten).
2008 wurden viele EU-Richtlinien im Zuge einer Entbürokratisierung wieder gekippt. Geändert scheint sich seither nicht viel zu haben.
Böden werden gnadenlos überdüngt, damit sie immer noch höhere Erträge abwerfen – und dann wird die Hälfte dieser Erträge gleich wieder untergegraben, weil man sie ohnehin nicht verkaufen kann.
Von dem, was im Handel landet, wird wiederum ein großer Teil weggeworfen, weil die Kunden bis Geschäftsschluss volle Regale mit perfekten Waren erwarten - auch beim Obst. Der größte Wegwerfer aber sind wir selber, die Endkunden. Da kann ich mich selbst leider nicht ausnehmen. Die schönste Tüte Äpfel im Laden ausgewählt, eingelagert, vergessen, weggeworfen. Dumm.
Einen Mangel hatten sie doch, meine wunderschönen Karotten. Sehen aus wie das Bild einer Karotte, nur leider hat jemand den Geschmack vergessen.
Wenn wir unsere Ernte tatsächlich einigermaßen vollständig verwerten würden, vielleicht wäre dann wieder Platz für andere Sorten? Sorten, die nicht perfekt aussehen, keine EU-Normen erfüllen, aber dafür schmecken? Das wäre nicht nur im Sinne der Sortenvielfalt, die an sich schon ihres großen Potentials für die Lösung künftiger Probleme wegen erhaltenswert ist (wer weiß schon, welchen Schädlingen die Pflanzen künftig die Stirn bieten müssen, welchen Boden-, Licht und Wasserverhältnissen und Ansprüchen der Verbraucher sie genügen müssen? Wär schade, wenn die Sorte, die die Eigenschaften für die Lösung eines solchen Problems birgt heute ausstirbt, weil ihr Potential noch nicht erkannt wurde...) sondern auch im Sinne der Verbraucher. Vielleicht wäre sogar Raum für andere Anbaumethoden – könnte man tatsächlich mehr Prozent der Ernte verkaufen, wäre es möglich, bei gleichem Preis schonendere Anbaumethoden zu praktizieren. Wir könnten eigentlich auch fairere Preise zahlen, wenn wir tatsächlich nur das kaufen würden, was wir auch essen. Für unsere Natur, für gesunde Böden und nicht zuletzt für weniger Gift und dafür mehr Geschmack im Essen. Das klingt jetzt sehr pathetisch. Aber, ganz ehrlich, das kann doch alles nicht wahr sein?!
Kann doch nicht sein, dass kleine Kartoffeln, krumme Gurken und Äpfel, die nicht perfekt rund gewachsen sind, weil ein Zweig im Weg war, im Abfall landen. Kann doch nicht sein, dass 40-50% der Kartoffelernte weggeworfen werden, bevor sie auch nur auf die Märkte kommen.
Es heißt immer, der Konsument bestimmt den Markt. Ich würd auch kleine Kartoffeln und krumme Möhren kaufen, aber im normalen Handel sind die nicht zu kriegen. Wie geht ihr damit um? Habt ihr schon versucht, andere Wege zu gehen, die Produzenten vielleicht direkt gefragt oder gibt es bei euch in Hofläden und so was Möglichkeiten, die Reste zu nutzen?
Ich werd jedenfalls versuchen, zumindest den Berg weggeworfener Lebensmittel etwas zu verkleinern. Mal sehn, wie das klappt.
Noch ein paar Links:
Taste the Waste
Sendung vom wdr
Slow Food