Faszination Orchidee: dem Geheimnis auf der Spur

Autor: Frank   
Veröffentlicht: 18.12.2007 - 10:38 Uhr
 
Geheimnisvolle Schönheiten!
Siegeszug der Orchideen "aus dem Glas"


Geheimnisvoll wirken Orchideen, und so mancher kann noch immer nicht recht glauben, dass die eleganten Kostbarkeiten auf der eigenen Fensterbank blühen. In der Tat waren Orchideen lange Zeit heikle Pflanzen, mit denen nur wenige Spezialisten zurechtkamen. Dass das heute anders ist, hat seinen Ausgangspunkt im Wiener Labor des Botanikers Gottlieb Haberlandt, der später in Berlin lehrte. Im Jahr 1902 kultivierte er zum ersten Mal isolierte Pflanzenzellen in einer Nährlösung. Er war überzeugt davon, dass sich einzelne Pflanzenzellen so vermehren lassen. Denn Pflanzen besitzen ein völlig anderes Regenerationsvermögen als die Körperzellen höherer Tiere oder des Menschen.

Klonen, bei Klon-Schaf Dolly nur durch aufwändige Gen-Technik möglich, findet bei Pflanzen in der Natur täglich statt: Jeder vom Sturm abgerissene Zweig, der Wurzeln schlägt, ist ein Klon, also ein erbgleicher Nachkomme, jeder Schilfspross, den die Mutterpflanze schiebt, und jedes Gierschpflänzchen, das aus einer beim Jäten übersehenen Wurzel treibt. Gärtner bezeichnen das Klonen gemeinhin als vegetative Vermehrung, die sie durch Techniken wie Bewurzelung von Stecklingen, durch Wurzelschnittlinge, Ableger und Absenker perfektioniert haben. Ihr neuestes Verfahren ist die Pflanzenvermehrung aus einer einzelnen Zelle, so wie sie Haberlandt vorschwebte. Als Meristemkultur oder In-Vitro-Kultur bezeichnet, hat sie seit ihrer Entwicklung zur Praxisreife in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts einen wahren Siegeszug angetreten.

"Meristem" ist die Bezeichnung für die teilungsbereiten Zellen in den Sprossspitzen, "in vitro" heißt nichts anderes als "im Glas".

Dank dieser Technik gelingt es, aus wenigen Zellen Tausende von Nachkommen mit identischen Eigenschaften heranzuziehen.

Der Forschung sei Dank: gezielte Vermehrung der schönsten Exemplare im Labor
Die nur mit klassischen Methoden schwer zu vermehrenden Orchideen gehörten zu den ersten Pflanzen, die ab 1964 in Deutschland in Meristemkultur vermehrt wurden. Heute zählen auch virusfreie Erdbeeren, schwer zu vermehrende Gehölze und Zierpflanzen wie Anthurien und Einblatt (Spathiphyllum) dazu. 1985 entstanden bereits 5 Mio. Pflanzen auf diese Weise, im Jahr 2000 waren es 24 Mio., in diesem Jahr sind es 31 Mio. Pflanzen und davon allein 17,8 Mio. Orchideen. Zwar entstehen neue Sorten nach wie vor auf generativem Weg, also durch gezieltes Bestäuben, Aussäen und Sichten der Nachkommen. Aber dann wandern die Exemplare mit den schönsten Blüten, dem ansprechendsten Wuchs, mit robuster Gesundheit und guter Toleranz gegenüber den Lebensbedingungen in beheizten Wohnungen zur Vermehrung ins Labor.

Kleiner Luxus für zu Hause: Orchideen für die Fensterbank
So sind Kostbarkeiten wie Malayenblumen (Phalaenopsis), Frauenschuh (Paphiopedilum), Doritis, Oncidium, Dendrobium, die sommerblühende Miltonie und viele andere Arten nicht nur erschwinglich geworden. Sie lassen sich auch erfolgreich auf der Fensterbank pflegen und immer mehr Menschen erfüllt mit Freude und Stolz, dass die exotischen Schönheiten bei ihnen zu Hause heimisch geworden sind.

Einer der größten natürlichen Klone: Lomatia tasmanica, die mit 43.000 Jahren wohl älteste Pflanze der Welt, bedeckt in Tasmanien mit 500 Ablegern eine Fläche von 1,2 km2.
CMA
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