Erlebnisparks für die Sinne

Autor: Frank   
Veröffentlicht: 12.08.2008 - 11:34 Uhr
 
 
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Hier geht`s aufs Ganze

Eben noch plätscherte das Wasser sanft, nun wird der Ton lauter: hohe Steinwände werfen ihn zurück. Kühle Luft streicht von ihnen herüber, der Schritt hallt nach. Ein paar Meter weiter und die Felsenschlucht öffnet sich wieder: Wärme streichelt die Haut, die Nase schnuppert Aromatisches - Lavendel und Rosen, Indianernessel und Agastache verschicken Wohlgerüche. Wer "nur" auf einen Spaziergang durchs Grüne eingestellt ist, hat im vom Landschaftsarchitekten Hans-Joachim Adam geplanten Laatzener "Park der Sinne" unerwartete Sinneserlebnisse.

Wachstumsprognose positiv

Derartige Parkanlagen nehmen überall in unserem Land zu. In Bad Oeynhausen, in Liesborn bei Warendorf, in Wiesloch, Troisdorf oder Bremervörde gibt es entsprechende Angebote. Einer der bekanntesten Sinnesparks gehört zum Alexianer Krankenhaus in Münster, einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Dort lassen sich Schulklassen, Menschen auf Betriebsausflügen und zufällig vorbeikommende Radfahrer aus der Nachbarschaft von den Angeboten in den verschiedenen Gartenräumen genauso faszinieren und begeistern wie die Patienten der Einrichtung.

Ruhe bitte!
Sinnesparks entsprechen einem aktuellen Bedürfnis der Menschen. Wenn im Alltag einige Sinne mit einer Fülle von Eindrücken überflutet werden, andere dagegen unbeansprucht verkümmern, dann entsteht eine Sehnsucht nach Oasen der Entspannung und spielerischer Anregung. Hugo Kükelhaus, Philosoph, Künstler und Handwerker, dessen Gedankengut die Entstehung der meisten Sinnesparks inspiriert hat, sagte: "Schwache Reize wirken auslösend, mäßige Reize entwickeln, starke Reize hemmen, überstarke zerstören." Unter diesem Motto verbindet alle Sinnesparks das Ziel, mit Hilfe von Pflanzen, natürlichen Elementen, mit Kunst- und Spielobjekten Erfahrungen für alle Sinne zu schaffen. Seelische und körperliche Belastungen durch Lärm und rasch wechselnde optische Eindrücke werden ausgesperrt. Stattdessen können Fingerspitzen und Fußsohlen, Nase und Gaumen im Park auf Entdeckungsreise gehen und genießen.

Sinnesfreuden pur
Von Blatt zu Blüte geht z. B. die Nase auf Wanderschaft: Süß duftet die Rose, würzig die Blätter vom Majoran. Ein etwas strenges Aroma umweht die Berberitze. Streicht die Hand über den Lavendel, werden Erinnerungen wach: an den Urlaub in Südfrankreich, an das weiße Leinen in Großmutters Wäscheschrank. Kühl fühlen sich die Blütenblätter der Kapuzinerkresse an, die Finger erkunden die Glätte der eigentümlich runden Blätter. Ein kräftig-scharfer Geschmack erreicht den Gaumen und bleibt beim Kauen auf der Zunge zurück.

Streicheleinheiten für Körper und Seele
Weich wie kuscheliges Fell schmeichelt der Woll-Ziest den Fingerspitzen, wenn man ihn sanft berührt. Viel grober, borstiger gibt sich dagegen der Blattschopf des Orientalischen Mohns. Die Blätter der Duftgeranien sind bis an den Rand gefüllt mit Aromastoffen. Nicht nur die Nase signalisiert es dem Besucher, auch die Finger duften und fühlen sich nach einer Berührung leicht klebrig an. Der Gaumen registriert frische, fruchtige, blumige Aromen. Währenddessen sind Füße und Gleichgewichtssinn nicht tatenlos: Raue, glatte, steinige Oberflächen werden im Wechsel erfühlt. Ein paar holprige Balken fordern Muskeln und Sehnen heraus, eine Balancierscheibe lockt, den Gleichgewichtssinn zu testen. Was für ein Wunderwerk der Natur der Körper doch ist, denn wie mühelos kann er Schwankungen und Unebenheiten ausgleichen - sinnliche Erfahrungen, die ein Fußmarsch auf glattem Asphalt nicht vermittelt.

Bloß keine Hektik!
Das Ohr nimmt das Summen der Bienen wahr, das tiefe Brummen der Hummeln, das melodische Flöten von Amseln. Klangsteine, mit Klöppeln oder den Fingerknöcheln zum Tönen gebracht, vermitteln archaische Erfahrungen von Musik. Wasser gluckert, tröpfelt. Bambusblätter rascheln im Wind. Die langen Halme der Gräser zischen, wenn die Beine an ihnen entlangstreichen. Die sonst so stark geforderten Augen finden wohltuende Ruhe im satten Grün. Gemächlich folgen sie Linien und Formen, verweilen hier und dort, werden von der raschen Bewegung eines Vogels gefesselt, beobachten den rinnenden Sand einer Rieselscheibe, kehren zurück zum Ruhepol eines fein gezeichneten Funkien-Blatt, zur sich öffnenden Rosenknospe.

Ganzheitliche Reizwahrnehmung
Das Angebot derartiger Sinnesgärten fasziniert Kinder wie alte Menschen, Gesunde wie Kranke gleichermaßen. Eben noch tobende Kinder werden still, wenn eine Blüte langsam die Mäander eines kleinen Steinlabyrinths durchschwimmt. Gestresste Geschäftsleute lassen voller Vergnügen Murmeln die Etagen des Murmelturms hinabhüpfen. Hugo Kükelhaus erklärt dies mit folgenden Worten: "Was uns erschöpft, ist die Nichtinanspruchnahme der Möglichkeiten unserer Organe und unserer Sinne, ist ihre Ausschaltung, Unterdrückung. Was aufbaut, ist Entfaltung. Entfaltung durch die Auseinandersetzung mit einer mich im Ganzen herausfordernden Welt" - ganz im Sinne der Sinnesparks!
CMA
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