Durchbruch: Dieses Molekül macht Sonnenlicht zu flüssigem Treibstoff!

Autor: Frank   
Veröffentlicht: 02.09.2025 - 21:15 Uhr
 
 
Bildquelle: Eine spektakuläre wissenschaftliche Visualisierung des 5-Komponenten-Moleküls mit Energieflüssen
Die Natur macht es uns seit Milliarden von Jahren vor: Pflanzen wandeln Sonnenlicht, Wasser und CO2 in pure Energie um. Diesen Prozess, die Photosynthese, künstlich nachzubauen, gilt als der heilige Gral der erneuerbaren Energien. Nun ist Forschern der Universität Basel in der Schweiz ein entscheidender Durchbruch gelungen: Sie haben ein Molekül entwickelt, das die Energie des Sonnenlichts so effizient speichert wie nie zuvor. Stehen wir kurz davor, unsere eigenen Kraftstoffe direkt aus der Sonne zu brauen?

Die Vision ist verlockend: Anstatt fossile Brennstoffe zu verbrennen, könnten wir in Zukunft Wasserstoff, Methanol oder sogar synthetisches Benzin direkt mit der Kraft der Sonne herstellen. Diese solaren Kraftstoffe wären kohlenstoffneutral, da bei ihrer Verbrennung nur so viel CO2 freigesetzt wird, wie zuvor für ihre Herstellung aus der Atmosphäre entnommen wurde. Das größte Hindernis auf dem Weg dorthin war bisher die Speicherung der Sonnenenergie. Denn um Wasser zu spalten und Wasserstoff zu erzeugen, sind mehrere Elektronen (also eine größere Energiemenge) auf einmal nötig. Bisherige Versuche scheiterten daran, dass die künstlichen Systeme die Energie nicht lange genug speichern konnten und extrem starkes Laserlicht benötigten.

Das Team um Professor Oliver Wenger hat nun ein geniales, von der Natur inspiriertes Molekül konstruiert. Es besteht aus fünf miteinander verbundenen Teilen. In der Mitte sitzt eine lichtempfindliche Einheit, die wie eine Solarzelle funktioniert und den Prozess startet. Trifft Licht darauf, werden Elektronen an die beiden äußeren Enden des Moleküls geschickt. Das Besondere: Das Molekül kann diesen Prozess zweimal hintereinander durchlaufen und so insgesamt vier Ladungen – zwei positive und zwei negative – speichern. Und das alles mit einer Lichtintensität, die der von normalem Sonnenlicht schon sehr nahekommt!

„Diese schrittweise Anregung ermöglicht es uns, deutlich schwächeres Licht zu nutzen“, erklärt Doktorand Mathis Brändlin, der Hauptautor der Studie. „Zudem bleiben die Ladungen im Molekül lange genug stabil, um sie für weitere chemische Reaktionen zu nutzen.“

Auch wenn dies noch kein fertiges Kraftwerk ist, so ist es doch ein entscheidendes Puzzleteil auf dem Weg zu einer nachhaltigen Energiezukunft. Die Entdeckung könnte die Entwicklung von Technologien beschleunigen, die es uns ermöglichen, die unerschöpfliche Energie der Sonne direkt in speicher- und transportierbaren Kraftstoffen zu binden – eine saubere Alternative für Schiffe, Flugzeuge und die Schwerindustrie.

Wissenschaftliche Besonderheiten:
  • Fünf-Komponenten-Molekül: Ein zentraler Lichtabsorber und vier weitere Einheiten zur Ladungsspeicherung.
  • Mehrfach-Ladungsspeicherung: Das Molekül kann zwei positive und zwei negative Ladungen gleichzeitig halten, was für die Wasserspaltung essenziell ist.
  • Schrittweise Anregung: Durch zwei Lichtblitze werden die vier Ladungen nacheinander aufgebaut.
  • Hohe Effizienz bei schwachem Licht: Funktioniert bereits bei Lichtintensitäten, die nahe am natürlichen Sonnenlicht liegen.
  • Stabile Ladungstrennung: Die gespeicherte Energie bleibt lange genug erhalten, um chemische Reaktionen anzutreiben.

Kurioses & Spannendes zum Thema:
  • Die gesamte Energie, die die Menschheit in einem Jahr verbraucht, strahlt die Sonne in nur einer Stunde auf die Erde.
  • Die Idee der künstlichen Photosynthese wurde bereits 1912 vom italienischen Chemiker Giacomo Ciamician formuliert.
  • Einige Meeres-Schnecken der Gattung Elysia betreiben „Kleptoplastie“: Sie stehlen die Chloroplasten aus Algen und bauen sie in ihre eigene Haut ein, um monatelang Photosynthese zu betreiben.
  • Wussten Sie, dass die Farbe Grün bei Pflanzen eigentlich „Abfall“ ist? Chlorophyll absorbiert blaues und rotes Licht, reflektiert aber das grüne Licht, das es nicht nutzen kann.

Zusammenfassung:
Einem Schweizer Forschungsteam der Universität Basel ist ein Meilenstein auf dem Weg zur künstlichen Photosynthese gelungen. Sie entwickelten ein Molekül, das nach dem Vorbild der Natur Sonnenenergie in Form von vier elektrischen Ladungen speichern kann. Dies ist ein entscheidender Schritt, um in Zukunft kohlenstoffneutrale, flüssige Kraftstoffe wie Wasserstoff oder Methanol direkt aus Sonnenlicht, Wasser und CO2 herzustellen.

Namen und Quellen:
Studienleiter: Prof. Oliver Wenger (Universität Basel)
Publikation: Nature Chemistry, 25. August 2025
DOI: 10.1038/s41557-025-01912-x

Fachbegriffe erklärt:
Künstliche Photosynthese: Ein technischer Prozess, der die natürliche Photosynthese von Pflanzen nachahmt, um Sonnenenergie in chemischer Form (z.B. Wasserstoff) zu speichern.
Kohlenstoffneutral: Ein Prozess, bei dem die Menge an freigesetztem Kohlendioxid (CO2) nicht größer ist als die Menge, die zuvor aus der Atmosphäre gebunden wurde.
Molekül: Ein kleines Teilchen, das aus zwei oder mehr Atomen besteht, die chemisch miteinander verbunden sind.
Wasserspaltung: Die chemische Reaktion, bei der Wasser (H2O) in seine Bestandteile Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) zerlegt wird.
Eine spektakuläre wissenschaftliche Visualisierung des 5-Komponenten-Moleküls mit Energieflüssen
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Eine spektakuläre wissenschaftliche Visualisierung des 5-Komponenten-Moleküls mit Energieflüssen
Ein futuristisches Labor für künstliche Photosynthese-Forschung mit Wissenschaftlern
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Ein futuristisches Labor für künstliche Photosynthese-Forschung mit Wissenschaftlern

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