Yorkshire Forced Indoor Rhubarb
Yorkshire Forced Indoor Rhubarb ist eine Rhabarber-Spezialität, die teuer gehandelt wird.
Die in völliger Dunkelheit gewachsenen Rhabarber-Stangen sind weiß bis zart-rosa, und sehr weich. Ihnen fehlt die Härte, die Fasrigkeit, und die Bitterstoffe des „gewöhnlichen“ Rhabarbers.
Zur Gewinnung dieser Spezialität ist ein ganz besonderes und aufwendiges Verfahren von Nöten, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts nur durch Zufall im berühmten Chelsea Physic Garden in London entdeckt wurde.
Seit etwa 1887 wird dieses Verfahren von Erzeugern in Yorkshire angewandt, in einer Region, die sich klimatisch besonders für den Rhabarber-Anbau eignet.
Da dieses Verfahren arbeitsintensiv ist, und der Ertrag hohen Schwankungen unterliegt, gibt es heute nur noch wenige Betriebe, die diese Spezialität anbauen.
Zur Zeit wird versucht, in Brüssel einen PDO-Schutzstatus („Protected Designation of Origin“) für Yorkshire Forced Indoor Rhubarb zu erlangen, wie ihn etwa Champagner oder Parmaschinken haben. Das würde das internationale Renommée stärken, und die Betriebe im sogenannten Rhabarber-Dreieck vor Konkurrenz durch Nachahmer schützen.
Zur Gewinnung des Yorkshire Forced Indoor Rhubarb, für den sich nicht jede Rhabarber-Sorte eignet, muß eine Rhabarber-Pflanze mindesten zwei Sommer lang unter freiem Himmel wachsen, ohne beerntet zu werden. Während dieser Zeit speichert die Pflanze alle „Sonnenenergie“ in den Wurzeln.
Nach dem Einziehen der Blätter im zweiten Jahr wird ein bestimmter Frosteinfluß abgewartet, der notwendig ist, damit die Pflanze die gespeicherte Energie von einer Zuckerform in eine andere umwandeln kann, welche ihr den bevorstehenden Neuaustrieb unter „speziellen Bedingungen“ ermöglicht. Danach werden die Wurzelstöcke der Pflanzen ausgegraben und in komplett abgedunkelte, beheizbare Freilandgewächshäuser umgepflanzt. Beim Ausgraben dürfen sie nicht verletzt werden, weshalb Handarbeit und spezielle Gerätschaften notwendig sind. Auch werden die Wurzelstöcke vor dem Wiedereinpflanzen vorsichtig angewaschen, da man hofft, so das Weiterschleppen von Krankheiten zu vermeiden.
In den Gewächshäusern wird nicht mit künstlichem Licht, sondern nur mit schwachem Kerzenlicht gearbeitet. Mit Hilfe von Wasser und Wärme wird die Pflanze zum Austreiben veranlaßt. Den Mangel an Sonnenlicht gleicht die Pflanze durch Einsatz ihrer im Wurzelstock gespeicherten Energiereserven aus. Die komplette Dunkelheit führt dazu, daß die Pflanze zarte, weiche Rhabarberstangen ausbildet, an denen nur winzigkleine, bleiche Blättchen sitzen. Die Ernte beginnt nach etwas fünf bis sechs Wochen und erfolgt ebenfalls nur bei Kerzenlicht. Beerntet werden die Pflanzen alle fünf Tage, bis ihre gespeicherte Energie aufgebraucht ist, was in der Regel nach vier bis fünf Wochen der Fall ist.
Der Einsatz verschiedener Rhabarbersorten verlängert die Erntesaison.
Wie Oldroyd Hulme, eine der letzten verbliebenen Produzenten, sagt: „Providing my customers with crop continuity is like planning a military operation”
Wie man sieht, ist das gesamte Verfahren eine Wissenschaft für sich, und die exakten Daten, in welcher Wachstumsphase welche Temperatur und welche Wassermenge eingesetzt werden, sind streng gehütete Betriebsgeheimnisse. Denn erfolgt das Wachstum zu schnell, leidet der Geschmack des Produkts.
[color=darkblue]So schnell werde ich nicht nach England kommen, aber diesen Rhabarber würde ich schon gerne probieren.
Noch mehr reizen würde es mich natürlich, das Verfahren zu imitieren.
Garten, Heimische Pflanzen, Obst und Beeren, Kochen und Backen
Bearbeitet: 1x, zuletzt am 21.04.2014 - 18:58 Uhr