Hallo,
ich habe vor kurzem für einen Bekannten alles zusammengeschrieben, was ich darüber weiß. Es ist vielleicht mehr, als Ihr wissen wollt, aber zieht Euch einfach das Nahrhafte heraus.... ...aus Bequemlichkeitsgründen ist das einfach der gleiche Text...also stört Euch bitte nicht an der Anrede... !
"Vorab: es ist ein Geduldsspiel. Die Experten nennen Erfolgsquoten von etwa
20%, d.h., nur etwa jeder 5. Bestäubungsversuch führt tatsächlich zu einer
Samenkapsel. In 2005 hatte ich etwa diese Quote, in 2006 war sie
niedriger, wegen der großen Hitze, in diesem Jahr liegt sie momentan
höher.
Nachfolgend die Informationen, wie sie mir gerade einfallen:
Der erste Schritt ist die Bestäubung, d.h., das Verbringen des Pollen
einer Blüte auf den Stempel einer anderen Blüte. In der freien Natur
erledigen das die Kolibris. Man kann die Übertragung dadurch vornehmen,
daß man die pollenspendende Blüte abschneidet und vorsichtig mit den
Staubgefäßen den Stempel der zu bestäubenden Blüte zu berühren versucht,
bis der Stempel möglichst komplett mit Pollen behaftet ist. Oder man nimmt
ein Wattestäbchen, "erntet" den Pollen von der väterlichen Blüte (wenn er
gut und frisch ist, dann klebt er förmlich am Wattestäbchen) und betupft
den Stempel der Mutterblüte mit dem Wattestäbchen.
Die beste Zeit zur Bestäubung der ausgewählten Mutterpflanze ist direkt
nach dem Aufgehen der Blüte. Die Blüte des Vaters kann ruhig ein Tag alt
sein. Bei vielen Blüten öffnen sich die Pollensäcke auch erst im Laufe des
Tages (soll Selbstbestäubung unterbinden). Siehe Foto angehängt!
Der zweite Schritt (Befruchtung) ist für uns unsichtbar: Der Pollen auf
dem Stempel treibt sog. Pollenschläuche durch die Stempelsäule bis in den
Blütenboden, wo sich die Samenanlagen (Eizellen) befinden. Wenn diese
erreicht sind, dann wird das väterliche Erbmaterial durch den
Pollenschlauch zu den Eizellen geschleust, wo sie miteinander
verschmelzen-das ist erst die eigentliche Befruchtung. Ab diesem Zeitpunkt
ist die Blüte selbst nicht mehr vonnöten. Jetzt ist vielleicht auch klar,
warum es keinen Sinn macht, eine 2 oder 3 Tage alte Blüte zu bestäuben:
einfach zu kurze Zeit für das Wachstum der Pollenschläuche.
Der dritte Schritt ist die Samenbildung und -reife: In der Regel bleibt
der Blütenboden mit den Samenanlagen zumindest ein paar Tage noch an der
Pflanze, egal ob befruchtet oder nicht. Erfolgte keine Befruchtung, dann
wird die nutzlose, verhinderte Samenkapsel nach ein paar Tagen gelb und
fällt ab (an einer Soll-Bruchstelle kurz unterhalb). Sind die Samenanlagen
befruchtet und die Umweltbedingungen stimmen, dann beginnt die Kapsel
relativ schnell zu wachsen, nach 6-8 Wochen wird sie reif (braun), platzt
auf, und die Samen fallen heraus. Anbei zwei Bilder einer 2 Wochen alten
Samenkapsel. Auf dem 1. Bild mit der Blüte und der Knospe können Sie
vielleicht ganz gut erkennen, was von der ursprünglichen Blüte übrigbleibt
und wo genau die Kapsel entsteht.
Bei manchen Sorten bleiben die Samenkapseln an der Pflanze und wachsen
sogar, auch wenn keine Befruchtung erfolgte - quasi eine
Scheinschwangerschaft. Natürlich ist die Enttäuschung umso größer, wenn
nach 2 Monaten die Kapsel braun wird und nichts enthält.
Jetzt noch ein paar allgemeine Hinweise:
Manche Sorten sind schlechte Mütter, d.h. sie setzen nicht oder sehr
selten Samen an (z.B. 'Dragon's Breath'). Es gibt auch schlechte Väter,
bei denen der Pollen nur ein paar Stunden vital ist (z.B. '5th
Dimension'). Die besten Samenbildner sind die "einfachen" Sorten, aber
deren Kinder sind halt dann nicht so spektakulär.
Zu hohe Temperaturen sind ungünstig, die beste Zeit ist Frühling oder
Herbst (oder ein kühler Sommer!).
Keine direkte Sonne auf die gerade bestäubte Blüte (Pollen trocknet sehr
schnell aus).
Möglichst konstante Umweltbedingungen sind vorteilhaft, die Pflanze in
dieser Zeit nicht verstellen. Daß die Blüte nach wenigen Tagen abfällt,
ist normal und sogar günstig (Blütenreste schimmeln gern und stecken die
gerade entstehende Samenkapsel u.U. an). Nach dem Abfallen der Blüte sieht
man am Grund der ehemaligen Blüte eine etwa erbsengroße Struktur, das ist
die Samenkapsel."
Sorry für die Länge !!
Gruß, Renate