Schnelle Autos im Grünen gebaut

 
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Schnelle Autos im Grünen gebaut

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Gepostet: 23.04.2009 - 06:51 Uhr  ·  #1
Pflanzen für das gute Leben

Ferrari - allein beim Klang dieses Namens geraten Motorsportfans und Sportwagenfreunde ins Schwärmen. Seit der Gründung des Unternehmens vor 62 Jahren durch den ehemaligen Rennfahrer Enzo Ferrari hat sich der Sport- und Rennwagenhersteller längst zu einem Mythos entwickelt. Der Kreis derer, die jemals einen dieser italienischen Boliden fahren werden, ist nach wie vor sehr klein. Die Jahresproduktion von knapp 4.000 Fahrzeugen bestätigt das. Umso größer ist die Zahl der Männer, die davon träumen, irgendwann einmal einen Sportwagen mit dem springenden Pferd, dem cavallino rampante, zu besitzen. Wer einen Ferrari fährt, der hat's geschafft - und wer als Mechaniker, Techniker oder Ingenieur bei Ferrari arbeiten darf, auch. Für die Mitarbeiter ist es eine berufliche Ehre, den roten Overall mit dem Ferrari-Emblem tragen zu dürfen.

Formel Mensch
Der Konzernchef, Luca di Montezemolo, setzt in seiner Firmenphilosophie die Tradi-tion der sehr hohen Qualitätsansprüche an das Endprodukt konsequent fort, setzt sich in gleichem Maße auch für die Zufriedenheit seiner Mitarbeiter ein. „Die Qualität unserer Produkte", so di Montezemolo, „kann nur dann gut sein, wenn auch die Qualität des Arbeitsumfelds gut ist. Dazu gehört auch, dass unsere Mitarbeiter erleben, dass wir uns um die Umwelt kümmern, denn eine gesunde Umwelt ist schließlich die Voraussetzung für gute Lebensqualität. Alles das führt letztlich dazu, dass unsere Beschäftigten ihre Arbeit nicht als bloße Verpflichtung ansehen, sondern Spaß daran haben und hochmotiviert sind." In Anlehnung an die Erfolge in der Königsklasse des Motorsports, der Formula Uno (Formel Eins), rief der Konzerchef daher vor etwa zehn Jahren das Mitarbeiterprogramm Formula Uomo, also Formel Mensch, ins Le-ben. Das Ziel dieses Programms ist es, optimale Arbeitsbedingungen für die Ferrari-Mitarbeiter zu schaffen. Ein wesentlicher Teil davon ist wiederum die Gestaltung der Arbeitsplätze, der Kantinen sowie des gesamten Werksgeländes.

Pflanzen am Fließband
Zur Erreichung seines Ziels, zufriedene und motivierte Mitarbeiter zu haben, scheut Luca di Montezemolo weder Mühen noch Kosten. Im Jahr 2004 beauftragte er den renommierten Architekten Jean Nouvel, die neue Produktionshalle zu entwerfen und zu gestalten. Nouvel erlangte unter anderem für die Oper von Lyon, die Galerie Lafayette in Berlin und den Torre Agbar in Barcelona internationale Anerkennung. Bei der Planung der Ferrari-Werkshalle ließ sich der französische Architekt von den Faktoren Licht, Luft, Pflanzen, Sauberkeit, Funktionalität, Erholung und Temperaturregelung leiten. Das Ergebnis ist eine lichtdurchflutete 21.000 m² große Halle, die in die Bereiche Montage der 8- und 12-Zylindermodelle, Fahrzeugtests, Entwicklung von Prototypen, Büros, Konferenzräume sowie Entspannungszonen unterteilt ist. Insgesamt wurden für die Gestaltung dieser Halle weit mehr als 1.000 Pflanzen und Bäume gepflanzt. Wie auch in den anderen Bereichen des Werksgeländes wurden dafür überwiegend heimische Pflanzen verwendet, die in der Region des Firmensitzes Modena vorkommen, um damit die enge Verbundenheit des Unternehmens mit der Region auszudrücken. So wachsen beispielsweise im Garten der Kantine Maulbeerbäume, die im mediterranen Raum traditionell für die Zucht der Seidenspinnerraupen verwendet wurden. Selbst die Produktionsstraßen, in denen die Sportwagen montiert werden, sind mit üppigen Pflanzen gesäumt. Das dient keineswegs nur dazu ein freundliches Arbeitsambiente zu schaffen, sondern hat durchaus einen praktischen Nutzen: Die Pflanzen absorbieren die Arbeitsgeräusche in der Montageabteilung und sorgen so für mehr Ruhe in der Produktion und den angrenzenden Abteilungen. Außerdem schaffen die Pflanzen eine angenehme Raumtemperatur und damit ein gutes Arbeitsklima in jeder Hinsicht.

Sportwagen aus dem "Gewächshaus"
Von außen wirkt die Werkshalle so, als stünde sie auf einem Pflanzensockel und erinnert damit eher an ein überdimensioniertes Gewächshaus als an eine Produktionshalle für Sportwagen. So viele Pflanzen brauchen natürlich auch Pflege und müssen regelmäßig gegossen werden. Auch dafür hat das Formula Uomo-Programm Vorsorge getroffen. Die Mitarbeiter sollen sich einfach nur an den Pflanzen erfreuen und sich neben ihrer Arbeit nicht auch noch um die Pflege kümmern müssen. Die Wasserversorgung der Grünanlagen wird durch ein geschlossenes Bewässerungssystem gewährleistet. Darüber hinaus wurde der in Italien führende Fachbetrieb "Paesaggistica Toscana" mit der Pflege beauftragt. Dieser Betrieb versorgt auch die Pflanzen der vatikanischen Gärten sowie den Schlossgarten des Königsschlosses von Caserta in Neapel. Ungeachtet dieser hochprofessionellen Pflanzenpflege fühlen sich die Mitarbeiter für das Grün in ihrer Arbeitswelt verantwortlich. Sobald eine Pflanze erste Anzeichen einer Krankheit zeigt, wird die zuständige Abteilung informiert. Diese hohe Identifikation mit der Begrünung am Arbeitsplatz belegt eindrucksvoll, wie wohl sich die Beschäftigten in ihrer grünen Arbeitsumgebung fühlen. „Darüber hinaus", so ein Vertreter der Werksleitung, „haben wir festgestellt, dass die Mitarbeiter ihre Pausen öfter im Freien verbringen seitdem auch die Außenanlagen und die Straßen durch das Werksgelände begrünt wurden." Grüne Inseln finden sich nun fast überall im sogenannten Ferrari-Dorf. Nicht nur auf der Hauptdurchgangsstraße, der Viale Enzo Ferrari, oder in unmittelbarer Umgebung zu dem vom Stararchitekten Marco Visconti entworfenen Betriebsrestaurant; auch vor dem Gebäude der Entwicklungsabteilung und vor der Lackiererei wurden Bambus-Haine angelegt, die zum Verweilen in der Pause einladen.

Pflanzen gehören zum guten Leben
Die großzügige Anlage von Innen- und Außengrünanlagen ist Bestandteil des Gesamtkonzeptes Formula Uomo. Allein im letzten Jahr stellte der Vorstandsvorsitzende Luca di Montezemolo dafür vier Millionen Euro bereit. Neben zinsgünstigen Darlehen für den Eigenheimbau oder die Renovierung, Ermäßigungen auf Schulbücher und ein Gesundheitsvorsorgeprogramm mit fachärztlichen Untersuchungen und sportmedizinischen Check-ups ist die naturnahe Gestaltung aller Arbeitsbereiche mit Pflanzen ein wichtiger Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität der Ferraristi. Pflanzen, so hat der Konzernchef erkannt, gehören zum guten Leben dazu. Die Idee, die Arbeitsplätze eines Technikunternehmens zu begrünen, erfordert gleichermaßen Mut und Weitsicht. Luca di Montezemolo hat beides bewiesen und der Erfolg gibt ihm Recht.

PfP
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Üppig begrünte Außenanlagen, so wie hier vor dem modernen Betriebsrestaurant, runden das Konzept “Formula Uomo“ für die Ferrari-Mitarbeiter ab.
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Ein ungewohntes Bild in der Automobilbranche: Mechaniker im Ferrari-Werk in Maranello montieren die 8- und 12-Zylinder Sportwagen inmitten begrünter Arbeitsplätze.
Obergärtner*in
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Re: Schnelle Autos im Grünen gebaut

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Gepostet: 23.04.2009 - 07:02 Uhr  ·  #2
Das ist doch mal ne gute Idee. Für so ein Denken sind die deutschen Arbeitgeber aber leider nicht fortschrittlich genug. Im Gegenteil, ich habe z.B. in meinem Büro ein paar Grünpflanzen zur Verbesserung des Klimas und wurde von meinem Chef darauf hingewiesen, daß ich die Pflege derselbigen aber doch bitte gefälligst in meiner Pause zu machen hätte.
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