Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

 
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Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 14.06.2016 - 10:04 Uhr  ·  #1
Hallo,

mir ist da etwas aufgefallen und zwar das es mir so vorkommt das Saisonpflanzen eine Art "Doping" erhalten und damit erreicht wird das sie unnatürlich viele Blüten haben. Gleichzeitig sind die Blätter dieser Pflanzen unnatürlich klein.
Wenn man diese Pflanzen nur eine Saison lang behält fällt einem das nicht auf, aber es fällt dann auf wenn man sie überwintert, oder durch Samen vermehrt, denn dann scheint das "Doping" nicht mehr zu wirken und die Natur setzt sich wieder durch.
Ich habe das bei meinen Mini- Petunien beobachtet, hier die gekauften Pflanzen:







Und im nächsten Jahr sind aus den Samen dann diese Pflanzen geworden, mit viel weniger Blüten und größeren Blättern:





Bei den Fuchsien ist mir das auch aufgefallen, weil ich die eine ja nun überwintert habe und sie dieses Jahr wesentlich größere Blätter hat. Letztes Jahr waren die nicht so groß, da sahen sie auch so aus wie bei den Fuchsien die ich dieses Jahr gekauft habe.

[album]26209[/album]

Mir persönlich sind natürliche Pflanzen viel lieber als "gedopte". Und ich möchte auch niemals den Blick dafür verlieren, was Natürlich und was Unnatürlich ist, sprich, das mir auch zukünftig solche Auffälligkeiten auffallen und ich Unnatürlichkeit nicht schöner finden werde als Natürlichkeit.
Und ich werde weiterhin versuchen Saisonpflanzen zu überwintern, bzw. Samen davon abnehmen, anstatt sie nach einer Saison wegzuwerfen.


LG von Nature
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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 14.06.2016 - 10:39 Uhr  ·  #2
Doping? Sie werden optimal gedüngt, damit sie gut blühen, denke ich. Und bei optimaler Versorgung und optimalen Lichtbedingungen braucht die Pflanze auch nicht so große Blätter. Im Schatten z.B. werden eigentlich immer größere Blätter ausgebildet und auch die Blüte fällt meist magerer aus.

Ich hab auch meine Fuchsien überwintert und sie haben im nächsten Jahr genauso schön geblüht, wie im Jahr, als ich sie gekauft habe. Wahrscheinlich dope ich sie auch genug.

Ein Jahr habe ich alle meine Sommerblumen selbst aus selbst genommenen Samen gezogen (Verbenen, Calibrachoa, Bidens, Sanvitalia und andere). Das war sehr zeit- und platzintensiv. ich musste schon im Februar aussäen und ohne beheiztes Gewächshaus sind da die Bedingungen nicht optimal. Zusätzlich war dann auch die Umgewöhnung von drinnen nach draußen mit dem Hin- und Herräumen lästig. Meine Zeit ist mittlerweile kostbarer geworden.
Auch das Überwintern ist so eine Sache, wenn man nicht perfekte Bedingungen bieten kann. Da sind die Schädlinge vorprogrammiert.
Darum kaufe ich nun lieber wieder, säe nur wenig aus und überwintere nur ausgesuchte Pflanzen.

Aber jeder wie er mag und kann.
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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 14.06.2016 - 13:45 Uhr  ·  #3
Moin,

das "Doping", dass die Produzenten mit ihren Pflanzen machen besteht aus folgenden Massnahmen:
- langjährige Züchtungsarbeit um Pflanzen zu bekommen, die früh, reichhaltig und lange blühen, kompakt wachsen und sich gut transportieren lassen
- Stauchemittel, um das Längenwächstum zu begrenzen, die Pflanzen lassen sich deshalb besser transportieren und der Kunde will kompakte Pflanzen; dabei wird auch das Blattflächenwachstum begrenzt
- hohe Lichtausbeute in Gewächshäusern in Leichtbauweise mit mindestens 90% Lichtdurchlässigkeit, evtl. Zusatzlicht in der lichtarmen Jahreszeit
- computergesteuerte Temperaturführung mit diversen Strategien (z.B. "Cool Morning"), die Kombination aus niedriger Temperatur und hoher Lichtausbeute fördert den Blütenreichtum
- computergesteuerte Düngung und Bewässerung nach Empfehlungen, die in Versuchen festgestellt wurden.

Dem Kunden die gewünschten reich- und langblütigen, kompakten Zierpflanzen, die auch noch umweltverträglich produziert wurden, liefern zu können, ist harte Arbeit und geht auch oft genug in die Hose. Eine, durch das unter Glas fehlende UV-Licht und die relativ hohen Temperaturen, lang gewordene, brüchige Sommerblume, die wegen schlechter Düngung gelbliche Blätter hat und wegen fehlender Bewässerung auch noch schlappt wird mit Sicherheit nicht gekauft.
Der Kunde ist, wie fast immer, der massgebende Faktor. Es gibt selbstverständlich auch Gärtnerei-Besitzer, die über das Ziel hinausschiessen und kulturtechnisch nicht viel auf die Reihe bringen oder ohne Rücksicht auf Verluste produzieren. Wer aber weiss, was ein Sommerblumen-Gärtner pro Pflanze noch für sich übrigbehält, der kann es verstehen, dass sie möchten, dass der Kunde die Pflanze nächstes Jahr wieder kauft. 1994, als ich Meister gemacht habe, war der Reinerlös für einen Gärtner für einen handelsüblichen Weihnachtsstern im 11-cm-Topf 0,015 €. Davon muss er leben! Da ist es ihm egal, ob der Weihnachtsstern in der Natur ein Strauch ist, der 30 Jahre leben kann.

Es gibt auch Gärtnereien, die auf "natürlichere" Weise arbeiten. Wer die Kultur aber nicht drauf hat, kann so umweltverträglich arbeiten, wie er will, er wird die qualitativ oftmals schlechten Pflanzen nur an wirklich hartgesottene Bio-Freunde los. Auf Pflanzenmärkten sehe ich an den Ständen der Bio-Gärtner oft genug kranke, hungernde, schlecht verzweigte und lang gewordene Kümmerexemplare. Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht und natürlich nicht unbedingt besser.

Ein kleiner Link um mal die Dimension der gartenbaulichen Maßnahmen zu verdeutlichen, die in die Produktion von "Wegwerfpflanzen" gesteckt wird: https://www.landwirtschaft.sac…p99-04.pdf

Das Deine aus Samen nachgezogenen Mini-Petunien nicht so reichblütig sind, wie die gekauften hat einen einfachen Grund: sie sind aufgemendelt. Die gekauften sind Sorten, die nur bei vegetativer Vermehrung ihre Eigenschaften behalten. Werden sie ausgesät, gehen viele dieser Eigenschaften verloren. Hättest Du aber ein Versuchsfeld und 100.000 selbst abgenommen Samen ausgesät, hättest Du eventuell ein paar Pflanzen gefunden, die genau so aussehen, wie die ursprünglich gekauften. Die vorjährigen Pflanzen sind auch auf natürliche Art entstanden. Bei den Vorfahren dieser Pflanzen hat aber der Mensch Biene gespielt, gezielt bestäubt und durch ein paar Jahre intensive Züchtungs- und Sichtungsarbeit ausgelesen.

Du siehst, die Dinge sind, wie so oft, deutlich komplizierter als zuerst angenommen. Deswegen halte ich von Pauschalierungen mit negativ behafteten Begriffen wie "Doping" nicht viel.

Ein wenig Polemik kann ich mir dann leider doch nicht verkneifen ...... bitte nicht übel nehmen, ich will nur ein wenig sticheln ...... wenn Du etwas natürliches haben möchtest, dann wirf die Fuchsie und die Mini-Petunien bitte sofort weg, denn sie haben mit den Naturformen nicht mehr das Geringste zu tun.

Wer Spaß daran hat, die Pflanzen weiter zu kultivieren, sollte sich diesen auf keinen Fall nehmen lassen, auch nicht durch meine letzte spitze Bemerkung. Ich kann diese Einstellung sehr gut nachvollziehen! Sie entspricht nämlich auch meiner. Aber ich kenne den Gartenbau und seine Arbeitsweise schon mehr als 25 Jahre, weiß, was dahintersteckt und kann es möglicherweise realistischer beurteilen. Ein wenig komme ich, glaube ich, jetzt auch der Frage nach dem Sortenschutz auf die Schliche ...........

Die Pflanzen sehen übrigens gut aus.
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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 14.06.2016 - 17:05 Uhr  ·  #4
Zitat geschrieben von Plantsman

- Stauchemittel, um das Längenwächstum zu begrenzen, die Pflanzen lassen sich deshalb besser transportieren und der Kunde will kompakte Pflanzen; dabei wird auch das Blattflächenwachstum begrenzt

Hallo Plantsman,

so also heißt das, das was die Blätter klein hält, Stauchemittel....

Zitat geschrieben von Plantsman

Dem Kunden die gewünschten reich- und langblütigen, kompakten Zierpflanzen, die auch noch umweltverträglich produziert wurden, liefern zu können, ist harte Arbeit und geht auch oft genug in die Hose.

"Der Kunde" wünscht sich das? Wurden denn alle Kunden gefragt? Mich hat man dann wohl vergessen zu fragen, denn ich gehöre nicht zu diesen Kunden.
Da geht es doch wohl eher darum was sich die Massenzüchter für sich "wünschen".

Zitat geschrieben von Plantsman

Es gibt auch Gärtnereien, die auf "natürlichere" Weise arbeiten. Wer die Kultur aber nicht drauf hat, kann so umweltverträglich arbeiten, wie er will, er wird die qualitativ oftmals schlechten Pflanzen nur an wirklich hartgesottene Bio-Freunde los. Auf Pflanzenmärkten sehe ich an den Ständen der Bio-Gärtner oft genug kranke, hungernde, schlecht verzweigte und lang gewordene Kümmerexemplare. Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht und natürlich nicht unbedingt besser.

Die Gärtnereien die auf natürlichere Weise arbeiten haben doch überhaupt keine Chance gegen die auf "Masse" produzierenden. Das ist vergleichbar mit der Massentierhaltung.

Zitat geschrieben von Plantsman
Bei den Vorfahren dieser Pflanzen hat aber der Mensch Biene gespielt, gezielt bestäubt und durch ein paar Jahre intensive Züchtungs- und Sichtungsarbeit ausgelesen.

Das der Mensch Biene spielt und sogar mittlerweile Bienen vom Aussterben bedroht sind macht ja nichts, der Mensch kann ja viel besser bestäuben als die Bienen.
Ja, was Unnatürlichkeit betrifft, da steht der Mensch Konkurrenzlos da. Da sollte der Mensch mal drüber nachdenken warum das wohl so ist.....

Zitat geschrieben von Plantsman

Du siehst, die Dinge sind, wie so oft, deutlich komplizierter als zuerst angenommen. Deswegen halte ich von Pauschalierungen mit negativ behafteten Begriffen wie "Doping" nicht viel.

Ein wenig Polemik kann ich mir dann leider doch nicht verkneifen ...... bitte nicht übel nehmen, ich will nur ein wenig sticheln ...... wenn Du etwas natürliches haben möchtest, dann wirf die Fuchsie und die Mini-Petunien bitte sofort weg, denn sie haben mit den Naturformen nicht mehr das Geringste zu tun.

Wer Spaß daran hat, die Pflanzen weiter zu kultivieren, sollte sich diesen auf keinen Fall nehmen lassen, auch nicht durch meine letzte spitze Bemerkung. Ich kann diese Einstellung sehr gut nachvollziehen! Sie entspricht nämlich auch meiner. Aber ich kenne den Gartenbau und seine Arbeitsweise schon mehr als 25 Jahre, weiß, was dahintersteckt und kann es möglicherweise realistischer beurteilen. Ein wenig komme ich, glaube ich, jetzt auch der Frage nach dem Sortenschutz auf die Schliche ...........

Das ich da über einiges anders denke, mag daher kommen das meine Eltern einen Pachtgarten hatten und ich praktisch darin aufgewachsen bin.
Meine Eltern waren Selbstversorger, es wurde Obst und Gemüse für den Winter angebaut. Es wurde eingelegt, eingekocht, entsaftet usw..
Da zählte noch der Geschmack und man konnte/musste Geld sparen, sparsam sein....

Mit solchen "gedopten" Pflanzen wie es sie heute gibt, wäre so etwas gar nicht möglich, sich diese Pflanzen in den Garten zu setzen. Man stelle sich das mal auf einen Garten bezogen vor, sich da jedes Jahr seinen Garten neu bepflanzen zu müssen.
Auf einem Balkon ist es möglich, klar, der ist ja nicht so groß.

Früher wäre auch niemand auf die Idee gekommen Lupinen, Löwenmäulchen oder Tagetes davon Pflanzen zu verkaufen, weil man die ausgesät hat, das sind einfache, wüchsige, ursprüngliche Pflanzen.
Heutzutage ist das nicht mehr so, da wird dann eine Lupine für ca. 7€ angeboten......Wahnsinn!
Ich habe mir Lupinensamen gekauft, der Inhalt der Samentüte ist für ca. 40 Pflanzen und hat mich 0,99€ gekostet....

Wenn ich Pflanzenzucht oder Sortenschutz lese dann denke ich ganz spontan an Rosenzüchter, was die so für wunderschöne Rosen gezüchtet haben, die einem viele Jahre lang Freude machen und nicht im nächsten Jahr verändert aussehen und verändert sind.

Aber was soll es, ich mache halt das Beste draus, anstatt mich ärgern zu lassen.



LG von Nature
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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 14.06.2016 - 18:10 Uhr  ·  #5
Bist du dir ganz sicher, dass du nicht doch einer dieser "Kunden bist?

Du möchtest bestimmt keine Pflanze mit abgerissenen Ästen kaufen, weil sich die langen (weil ungestauchten) Triebe ineinander verhakt haben.
Wenn du dir deine Pflanzenauswahl ansiehst wirst du feststellen, dass dort viele Pflanzen sind, die nicht heimisch sind und daher mit unserer kurzen Vegetationszeit (Mitte Mai bis September/Oktober) nicht hinkommen, wenn man sie nicht vorzieht. Darüber hinaus bieten sie unseren heimischen Bestäubern häufig keine oder wenig Nahrung.

http://forum.planten.de/index.php?topic=2211.0;wap2

Versuch´s doch mal mit Aussäen deiner Balkonbepflanzung. Sehr gute Erfahrung habe ich mit der Samenmischung 1001 Nacht von Spe..i, eine Freude für Mensch und Tier, anspruchslos was Wasser und Dünger angeht, keine Vorkultur notwendig, also umweltfreundlich.

Und wegen "früher" muss ich dir widersprechen. Es war durchaus üblich, Jungpflanzen von Löwenmäulchen, Astern, Levkojen, Cosmea, Tagetes u.a. Beetpflanzen auf dem Markt zu kaufen. Heute gibt es die dort nur noch in Ausnahmefällen.

Auch die Aussage vergleicht Äpfel mit Birnen. Im Garten kann man leichter mehrjährige Pflanzen halten als auf dem Balkon. Aber unmöglich ist es nicht. Und natürlich kann man im Garten Einjährige haben, um z.B. Lücken zu füllen. Und das könnten die gleichen Pflanzen sein, die du auf dem Balkon hast. Die werden im Beet sogar noch schöner.

Die Zucht von langlebigen Gewächse wie Rosen mit einjährigen oder kurzlebigen Sommerblumen zu vergleichen bringt m.E. nichts, da sind ganz andere Voraussetzungen.

Biologisch oder integriert arbeitende Gärtnereien können durchaus am Markt bestehen und sehr hohe Qualität liefern (meine Lieblingsgärtnerei z.B.), allerdings wird man diese Ware nicht im Bau-/Gartenmarkt finden (da würde gar keine Gewinnspanne mehr übrig bleiben). Andererseits ist der Preisunterschied auch nicht so groß, dass man es sich für seine Sommerbepflanzung nicht leisten könnte und die Pflanzen sind viel größer und wüchsiger als die dort erhältlichen.
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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 14.06.2016 - 18:22 Uhr  ·  #6
Ich hab zwar wenig Ahnung von der ganzen Vermehrung und Genetik aber DASS ist ja mal eine interessante Diskussion!!

Ich lerne grade eine Menge, bitte schreibt weiter!!

Interessant auch wie es in Gärtnereien so zugeht. Danke, Plantsman.

Gruß
Dorit
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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 14.06.2016 - 18:58 Uhr  ·  #7
Wenn dich das Thema interessiert, such mal nach dem Begriff "Heterosis-Effekt". Er ist auch oft dafür verantwortlich, wenn eine gekaufte Elterngeneration kräftiger wirkt als ihre Nachkommen.
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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 14.06.2016 - 19:12 Uhr  ·  #8
@Nature

Sicherlich haben auch deine Eltern ihre Pflanzen 'gedopt', denn ohne beste Wachstumsvoraussetzungen und Dünger kann man keinen Gemüsegarten auf Dauer betreiben. Durch die ständige Entnahme des Gemüses entsteht ein Nährstoffmangel, der ausgeglichen werden muss, wenn die Böden nicht verarmen und unfruchtbar werden sollen. Meine Familie baut ihr Gemüse übrigens auch schon seit Generationen selber an und es wurde immer gedüngt. Mal mit Pferde- oder Rindermist, später auch mit Blaukorn, bis bekannt wurde, das man mit Mineraldüngern im Kleingarten der Umwelt sehr schaden kann. Dann wurde wieder auf Kompost, Hornspäne und Rinderdung umgestiegen.

Vielleicht haben deine Eltern ja mit natürlichen Düngemitteln gedüngt. Auch heute gibt es biologische, natürliche Dünger. Aber düngen muss man, wenn die Pflanzen gesund wachsen sollen. Und um so optimaler man das macht, desto gesünder und üppiger sind die Pflanzen.

Balkonpflanzen sind nicht mit Gartenpflanzen zu vergleichen. In den Garten setzt man ja keine Geranien und Petunien. Im Gegenteil, kaum jemand setzt Sommerpflanzen in den Garten. Die sind eigentlich für Blumenkästen und -kübel gedacht. Auch für die Grabbepflanzung, da sät ja niemand etwas aus. Balkonbesitzer können und wollen oft nicht lange auf Sämlinge warten, sondern wollen fertige Pflanzen. Geschweige denn, das sie den Platz haben, die Pflanzen wochenlang vorher bei Kunstlicht und Wärme anzuziehen.
Getopfte Lupinen sind in der Regel mehrjährige Stauden, die wird auch niemand jedes Jahr neu pflanzen. Auch hier gibt es teure Züchtungen, die oft (noch) nicht als Samen erhältlich sind. Ich finde, du vergleichst Äpfel mit Birnen. Einfache Sorten von Staudenlupinen oder einjährigen Lupinen werden auch heute für den Garten noch aus Samen gezogen. Hast du dir mal die riesige Auswahl an Samen angesehen? Die stehen ja nicht nur als Dekoration in den Gartencentern, die werden auch reichlich verkauft. Wenn man jedoch eine neue, besondere Züchtung haben möchte, muss man eben etwas mehr hinlegen. Aber niemand zwingt dich dazu. Außerdem werden im Garten eher Zwiebelpflanzen, Stauden und Sträucher gepflanzt, die sind mehrjährig und kommen immer wieder. Dazu ein paar robuste Einjährige gesät, daran hat sich nichts geändert.
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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 14.06.2016 - 19:24 Uhr  ·  #9
Ok,

Du bist ja auch nicht der Kunde, auf den es 90% der Produzenten abgesehen haben. Die meisten Verbraucher wollen aber einfach eine billige Pflanze die auch noch schön kompakt ist und reich- und lange blüht und darauf reagieren die Produzenten. Deine Wünsche entsprechen halt nicht dem Massengeschmack und das ist auch gut so.
Dieses Beispiel kannst Du auf jeden Lebensbereich anwenden. Wenn der Kunde bereit wäre, für das Kilo Rindfleisch 60 Euro zu bezahlen und es nicht täglich essen wollte, dann würde es die Massentierhaltung so nicht geben, oder?
Aber es muss ja unbedingt jeden Tag das Putenschnitzel für 1,99 € oder das Kotelett für 3,99 € auf den Tisch. Was soll der Produzent da machen? Damit er seine Familie ernähren kann, muss er Massen produzieren, sonst bekommt er ja kein Geld dafür. Damit will ich die Massentierhaltung auf KEINEN FALL verteidigen. Sie ist pervers, der Kunde kann sich aber nicht aus der Verantwortung drücken und sagen "die waren es, mich trifft keine Schuld".

Wer damit angefangen hat, kann ich Dir leider nicht sagen, aber das Prinzip "Angebot und Nachfrage" gilt auch hier. Ich bin mir jedoch sicher, dass der Kunde mehr Macht hat als wir denken und durch seine Nachfrage ganze Branchen zum Umdenken zwingen kann. Wieso haben Bio-Läden so einen Erfolg?
Wenn mehr Menschen denken würden wie Du, würden wir diese Diskussion gar nicht führen. Leider ist der 08/15-Verbraucher aber nicht so gestrickt.

Da ich viele alternativ arbeitende Gärtner kenne und einer meiner besten Freunde ein Bio-Gemüsebauer ist, weiss ich, dass sie überhaupt keinen Wert darauf legen, mit den Massenproduzenten verglichen zu werden. Ihre Chance liegt dann bei den Kunden wie Du einer bist. Sie haben dieses Nischendasein gewählt und fahren sehr gut damit und meinem Freund und seiner Familie geht es finanziell prächtig. Sie haben also sehrwohl eine Chance! Weil Menschen wie Du diese Produkte nachfragen. Diese Kollegen bekommen von mir aber auch gelegentlich ein kritisches Wort wenn die Pflanzen besser aussehen könnten. Ein wenig mehr organischen Bio-Dünger hier, einmal mehr gestutzt da und die Gewächshäuser nicht ganz so warm geheizt und schon hat man Pflanzen, die jeder kaufen mag. Ganz ohne synthetische Chemie, nur mit vernünftiger Kulturführung.

Die Geschichte mit der Biene ist eine ganz andere und hat mit der Thematik in diesem Thread nicht viel zu tun. Deshalb nur so viel, wenn der Mensch in der Vergangenheit nicht Biene gespielt hätte, könntest Du nicht die Zier-Rosen so loben. Sie sind, genau wie Deine Fuchsie, ein Produkt von unnatürlichen, sehr komplexen Bestäubungs- und Generationsfolgen in dem die Biene keine Rolle mehr gespielt hat.

Zitat

Nature hat geschrieben:
Heutzutage ist das nicht mehr so, da wird dann eine Lupine für ca. 7€ angeboten......Wahnsinn!
Ich habe mir Lupinensamen gekauft, der Inhalt der Samentüte ist für ca. 40 Pflanzen und hat mich 0,99€ gekostet....


Lupine ist nicht gleich Lupine. Es gibt die einjährigen Arten, die man als Samentütchen für einen günstigen Preis bekommt und es gibt Stauden-Lupinen, die man als Pflanze kaufen muss. Dieser Vergleich hinkt leider etwas, wenn Du nicht sagst, ob es die gleiche Art gewesen ist. Es ist wie der Vergleich von Äpfeln mit Birnen. Zwar nah verwandt aber nicht dasselbe.

Noch eine kleine Anmerkung zum Geschmack. Auch heutzutage gibt es moderne Sorten, die hervorragend schmecken. Das Problem ist, man muss sie in der Vielfalt erstmal finden. Das ist aber auch so ein Ding, wo die Nachfrage der Verbraucher dazu geführt hat, das einige Züchter ihre Strategie geändert haben.
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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 14.06.2016 - 20:40 Uhr  ·  #10
@ Plantsman

Ich habe diese Lupinensamen gekauft:





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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 14.06.2016 - 20:58 Uhr  ·  #11
Wie ich bereits geschrieben habe (und was vermutlich plantsman auch gemeint hat), gibt es auch Staudenlupinen zum Aussäen, dennoch sind das einfache bzw. ältere Sorten. Die Prachtmischung gibt es schon ewig. Das sind sogenannte Russell-Hybriden, die um 1835 gezüchtet wurden. Neue Lupinensorten oder spezielle Sorten bekommt man, wie plantsman schon schreibt, oft nur als Pflanze zu kaufen. Und die sind eben dann auch teurer. Solange du nicht weißt, welche Sorte das war, kann man das leider immer noch nicht wirklich vergleichen. Aber selbst wenn die von dir gesehene Pflanze ebenfalls eine einfache Sorte war, so musst du schon den Aufwand für die Pflege und Aufzucht mitrechnen. Immerhin wurde die Pflanze vermutlich mit Kunstlicht und Heizung aufgezogen wenn sie jetzt schon verkaufsfertig ist..

Aber wie ich schrieb, du bist ja nicht gezwungen solche Pflanzen zu kaufen, du kannst dir auch selbst die Mühe machen und die Zeit nehmen und die Pflanzen selber aufziehen...
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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 14.06.2016 - 22:19 Uhr  ·  #12
Rechne doch mal aus, was es dich kostet, aus diesen 0.99Cent Samen eine Staude wie jene im Laden für 7€ zu ziehen. Töpfe, Erde, Beleuchtung, Wasser, Dünger, ggf Schädlingsbekämpfung, plus natürlich deine ganzen Arbeitsstunden. Du machst das weil es dein Hobby ist, andere müssen in einem hart umkämpften Geschäft überleben.
Ich glaube, viele Hobbygärtner haben eine völlig falsche Vorstellung vom kommerziellen Pflanzenanbau. Den Vergleich zur Massentierhaltung finde ich passend. Fleisch ist Massenware und oft genug Wegwerfprodukt (Food Waste), bei den Pflanzen ist es ganz genau so.
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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 15.06.2016 - 09:34 Uhr  ·  #13
Hallo,

ich denke nicht das ich das vorrechnen brauche, das kann jede/jeder selbst ausrechnen. Allerdings ist bei der Hobbyzucht, zumindest bei meiner, Beleuchtung, Dünger und Schädlingsbekämpfungsmittel abzuziehen da das bei mir nicht zum Einsatz kommt.
Beleuchtung ist sowieso draußen auf dem Balkon vorhanden, Dünger ist bereits in der gekauften Blumenerde und sollte Schädlingsbefall auftreten überlasse ich es der Natur und Nützlingen die zu bekämpfen.

Und außer irgendwann sterben, muss man gar nichts, es bleibt doch jedem selbst überlassen mit was sie sich selbstständig machen, es MUSS doch nicht Pflanzenzucht sein.


Mir ist noch mehr aufgefallen, meine beiden Oleander wurden wohl auch mit Stauchemittel behandelt, denn sie sind dieses Jahr deutlich größer als letztes Jahr, ohne das ich sie umgetopft habe....

Und irgendwas ist auch mit der Myrte (Myrtus communis). Ich habe insgesamt bisher 3 verschiedene Pflanzen der Myrte gesehen, waren aber alle die gleiche Art, 2 hatte ich selbst und eine hatte jemand anderes. Bei allen dreien hatten die Blätter die gleiche Größe.
Nun hatte ich es ja 2 mal versucht mir Myrte aus Samen zu ziehen, von den ersten hat kein einziger gekeimt und von den zweiten nur einer. Und diese Pflanze hat deutlich größere Blätter als die 3 anderen Myrten.
Es scheint so als wenn die Samen der anderen 3 behandelt worden sind, wahrscheinlich um die Keimrate zu erhöhen, bzw. zu maximieren. Und das habe ich ja nicht gemacht, also meine Myrte ist unbehandelt...

[album]26185[/album]



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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 15.06.2016 - 10:18 Uhr  ·  #14
Wenn du die Pflanzen zu dem gleichen Zeitpunkt groß haben wolltest (was natürlich auch eine deutlich frühere Blüte bedeutet), dann könntest du auf Heizung und künstlicher Beleuchtung eben nicht verzichten. Der Dünger in der Blumenerde hält ca. vier Wochen, nicht länger.
Du vergisst wohl auch, das deine ausgesäten Lupinen erst im nächsten Jahr blühen und du sie mindestens 1,5 Jahre pflegen muss, bevor die ersten Blüten erscheinen. Das wären schon eine Menge Arbeitsstunden, die man anrechnen müsste. Da bist du mit 7 Euro eigentlich sehr preiswert dabei. Wenn du in der Zeit kellnern gehen würdest, könntest du ein Vielfaches davon verdienen.

Zitat
Und außer irgendwann sterben, muss man gar nichts, es bleibt doch jedem selbst überlassen mit was sie sich selbstständig machen, es MUSS doch nicht Pflanzenzucht sein.


Du versteht irgendwie nicht, das Pflanzenzucht notwendig ist, oder? Es geht ja nicht nur um Zierpflanzen. Es geht um die Ernährung der Weltbevölkerung. Wenn jeder, der mit Pflanzen zu tun hat, sofort damit aufhören würde, dann wären wir in einem halben Jahr verhungert. Sag mal, liest du eigentlich die Antworten in diesem Thread oder ist dir deine Meinung so wichtig, das du dich lieber nicht von Tatsachen verwirren lassen möchtest?

Ich verstehe überhaupt nicht, was du eigentlich willst? Erklär uns doch mal, wie du dir das so vorstellt. Keine Blumen mehr in den Gartencentern? Nur noch Samentütchen? Pflanzenzucht wird sofort aufgegeben, neue, bessere Sorten gibt es nicht mehr. Alle neuen geschützten Sorten werden verboten und eingestampft? Die Bevölkerung wächst, die Qualität und Quantität unserer Ernten steigt aber nicht mehr weiter. Dann hungern eben ein paar Menschen mehr, wir hier in Europa sind ja im Vergleich reich, uns trifft es sicher erstmal nicht. Oder wie stellst du dir das vor?
Glaubst du wirklich, wir könnten die Weltbevölkerung heute noch ernähren, wenn wir seit den 70ern nicht um ein Vielfaches produktiver geworden wären? Unter anderem sind ertragreichere Sorten und effektive Düngung ein Grund dafür. Wenn du alle Sorten, die nach 1960 gezüchtet worden sind, verbieten würdest, könnten wir die Menschen ab sofort nicht mehr ernähren.

Ich kann deine Argumentation nicht mehr nachvollziehen. Du schreibst, man muss gar nichts, warum regst du dich denn darüber auf, das andere Lupinen als ausgewachsene Pflanzen kaufen. Du musst das doch nicht. Wo ist denn das Problem, wenn Gärtnereien an neu gezüchteten Pflanzen auch Geld verdienen? Viele Menschen kaufen diese Pflanzen, was soll daran so schlimm sein? Wir haben wirklich andere Probleme.
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Re: Saisonpflanzen = Wegwerfpflanzen?

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Gepostet: 15.06.2016 - 10:49 Uhr  ·  #15
Zitat geschrieben von Roadrunner
Wenn du die Pflanzen zu dem gleichen Zeitpunkt groß haben wolltest (was natürlich auch eine deutlich frühere Blüte bedeutet), dann könntest du auf Heizung und künstlicher Beleuchtung eben nicht verzichten. Der Dünger in der Blumenerde hält ca. vier Wochen, nicht länger.
Du vergisst wohl auch, das deine ausgesäten Lupinen erst im nächsten Jahr blühen und du sie mindestens 1,5 Jahre pflegen muss, bevor die ersten Blüten erscheinen. Das wären schon eine Menge Arbeitsstunden, die man anrechnen müsste. Da bist du mit 7 Euro eigentlich sehr preiswert dabei. Wenn du in der Zeit kellnern gehen würdest, könntest du ein Vielfaches davon verdienen.

Eben das will ich ja nicht, eine deutlich frühere Blüte und deswegen benötige ich weder Heizung noch künstliche Beleuchtung. Geduld zu haben kostet mich gar nichts, ich kann abwarten und außerdem ist Vorfreude die beste Freude.

Zitat geschrieben von Roadrunner

Du versteht irgendwie nicht, das Pflanzenzucht notwendig ist, oder? Es geht ja nicht nur um Zierpflanzen.

Doch Roadrunner, hier in diesem Thread geht es nur um Zierpflanzen, bzw. Saisonpflanzen. Wenn Du über die Ernährung der Weltbevölkerung diskutieren willst, dann bitte nicht hier in diesem Thread.



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