Ameisenlöwen – Fallensteller mit Blick für Gefälle

 
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Ameisenlöwen – Fallensteller mit Blick für Gefälle

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Gepostet: 27.04.2011 - 08:06 Uhr  ·  #1
Es sind stumme "Löwen" mit gigantischen Zangen, die kaum jemand einmal zu Gesicht bekommt. Und doch leben sie direkt vor der Haustür.
Ameisenlöwen sind die Larven der Ameisenjungfer, eines Insektes, das ein wenig wie eine Mischung aus Libelle und Florfliege aussieht und seine Tage gut getarnt an der Rinde von Bäumen sitzend verbringt. Ameisenlöwen bilden mit weltweit ungefähr 2500 Arten die artenreichste Gruppe innerhalb der Netzflügler. Man findet ihre Larven in Höhlen von Bäumen, an geschützten Felsen oder in lockerer Bodenstreu. Die Spezialität der Ameisenlöwen aber ist ein echter Extremlebensraum, nämlich trockene, heiße Sandflächen. Hier leben die meisten Arten. In dem lockeren Sand können die Jäger ihre Stärke voll ausspielen. Sie sind Meister im Fallenstellen.

Auf Sand gebaut
Die markanten Trichterfallen, welche die Larven vieler Arten anlegen, sind häufig das Einzige, was man von den Tieren zu Gesicht bekommt. An ihrem Grund lauert, im Substrat vergraben der wartende Ameisenlöwe. Allenfalls seine mächtigen Zangen sind zu erkennen. Seine Beute besteht vornehmlich aus Insekten und anderen Gliedertieren, wie Asseln und Spinnen. Die Wände der Trichter sind so steil, wie die Reibung des Substrates es gerade noch zulässt. Jegliche Störung, etwa durch ein Tier, das den Abhang betritt, führt sofort zum Abrutschen. Daher eignet sich etwa Sand besonders gut für die Fallen. Die beiden in Mitteleuropa häufiger anzutreffenden Arten Myrmeleon formicarius und Euroleon nostras bauen Fallen von ungefähr zwei bis drei Zentimetern Tiefe mit einem Durchmesser von acht Zentimetern. Je länger die letzte Mahlzeit des Erbauers her ist, desto größer wird der Trichter.

Schwerstarbeit beim Trichterbau
Beim Bau ihrer Fallen bewegen sich die Tiere rückwärts durch das Substrat, heben zunächst einen kreisförmigen Graben aus, der dann zur Mitte hin in einer Spirale erweitert und schließlich immer weiter vertieft wird. Kräftige Borsten verwandeln die Zangen in effiziente Schaufeln, mit deren Hilfe die Tiere Brocken werfen können, die bis zu zehn Mal so viel wiegen wie sie selbst.
Nur ungefähr zehn Prozent aller Ameisenlöwenarten legen Trichter an. Die Larven der meisten Arten lauern etwa unter Steinen, in lockerem Substrat, Tierbauten oder sonstigen Verstecken oder sind aktive Jäger, die ihre Beute gezielt verfolgen. Während die Trichterbauer nur rückwärts unterwegs sind, können die aktiven Jäger auch vorwärts laufen.

Beissende Kugeln
Tatsächlich sieht ein Ameisenlöwe auf den ersten Blick aus wie eine Kugel mit Zangen. Der Körper wird ungefähr eineinhalb Zentimeter lang, ist rundlich und leicht abgeflacht. Kopf und „Brust“ (das erste Thorakalsegment) sind deutlich schmaler als der Rest des Tieres. Die großen Kieferzangen sind sicherlich das Auffälligste am Kopf des Tieres. Sie bestehen aus dem Ober- und dem Unterkiefer (Maxillen und Mandibeln), zwischen denen ein Saugkanal verläuft. Die Mundöffnung ist bis auf diese Saugkanäle geschlossen, so dass kaum Sand eindringen kann. Beutetiere werden mit der Spitze der Zange aufgespießt. Durch dabei injizierte Enzyme wird die Beute getötet und innerlich aufgelöst und kann nun ausgesaugt werden. Derartige Zangen und auch die Fressgewohnheiten sind für Larven der Echten Netzflügler (Planipennia), zu denen auch die Florfliegen gehören, nichts Ungewöhnliches. Allerdings sind die Zangen der Ameisenlöwen besonders kräftig ausgebildet und an der Innenseite mit Greifdornen versehen. Dadurch können sie auch wehrhafte und stark gepanzerte Beutetiere auf ihren Speisezettel setzen.

Vom Löwen zur Junfer
Im Verlauf von meist zwei bis drei Jahren häutet sich die Larve zwei Mal. Schließlich verpuppt sie sich einige Zentimeter unter dem Substrat in einem kugelförmigen Kokon, um sich vollständig zu verwandeln. Binnen weniger Wochen verwandelt sich der plump wirkende Ameisenlöwe in ein schlankes, flugfähiges Geschöpf mit vier Flügeln und langen Antennen. Die Ameisenjungfer wird sich in den kommenden Wochen neben der Jagd vor allem der Fortpflanzung widmen.
Die Seide für den Kokon wird übrigens in den malpighischen Gefäßen, Anhängen des Enddarms, produziert, die bei Insekten normalerweise die Funktion von Nieren erfüllen. Die Seide wird über den Enddarm abgegeben, der seine normale Ausscheidungsfunktion erst am Ende der Verpuppungszeit aufnimmt.

Suche nach dem Trichterfeld
Es lohnt sich, an sonnigen Stellen im Garten oder am Wegrand nach den Trichtern Ausschau zu halten. Für Myrmeleon formicarius und Euroleon nostras bietet oft schon ein schmaler Streifen trockener Erde, etwa unter einem Dachvorsprung oder einer Brücke, ausreichend Raum für eine kleine Ansammlung der charakteristischen Fallen. Wer genau hinsieht, entdeckt vielleicht sogar im eigenen Garten einen der starken Gräber beim Beutefang oder beim Ausheben eines neuen Trichters. -rh-



Weitere Informationen findet ihr unter:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ameisenl%C3%B6we


[size=117]Dies ist ein Artikel aus unserer Zeitschrift Pflanzen wunderschön. Von Mitgliedern für Pflanzenfreunde geschrieben.... Den kompletten Artikel mit Bildern findest Du in der Ausgabe 5[/size]
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