Eine alte Tradition neu entdecken

 
Pflanzenprofessor*in
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Eine alte Tradition neu entdecken

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Gepostet: 28.11.2007 - 08:52 Uhr  ·  #1
Wenn alles in Rauch aufgeht:

Wenn wir das Wort ?Räuchern? hören, denken wir zuerst an Schinken, Aal, Entenbrust und andere kulinarische Delikatessen. Es gibt aber auch eine andere, fast in Vergessenheit geratene Dimension des Räucherns, nämlich die zur Entspannung, zur Meditation, zu magischen und kultischen Zwecken. Diese Form des Räucherns ist viel älter als die des Haltbarmachens und des Aromatisierens von Speisen. In unserer Gesellschaft ist sie nur noch in wenigen Relikten erkennbar oder auf esoterische Zirkel beschränkt. Dabei kann das Verbrennen aromatischer Pflanzenteile den Sinnen schmeicheln und behagliche Atmosphäre verbreiten.

Mit den Göttern eine rauchen
In nahezu allen alten Kulturen findet sich die Vorstellung, dass der Mensch durch aromatisierten, aufsteigenden Rauch in Verbindung mit den Göttern treten kann. Der älteste Hinweis darauf stammt aus dem babylonischen Gilgamesch-Epos, das im 3. Jahrtausend v. Chr. niedergeschrieben wurde. Auch die Römer schickten ihre Bitten durch den Rauch, auf lateinisch per fumum ? daher kommt das Wort ?Parfum?! ? in die Götterwelt. Mit Weihrauch und Myrrhe brachten die Heiligen Drei Könige dem neugeborenen Jesus die kostbarsten Räucherwaren der damaligen Zeit als Geschenk. Noch heute weht durch die katholischen Kirchen an hohen Feiertagen der Weihrauchduft.

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Wohlgerüche gegen böse Geister
Aber auch im unmittelbaren persönlichen Umfeld war das Räuchern Tradition, vorzugsweise bei wichtigen Lebensdaten wie Geburt, Hochzeit und Tod. Nadelgehölze, Salbei, Thymian und Rosmarin wurden bei Krankheit verbrannt, um die giftigen Dünste zu vertreiben und sich zu schützen. Heute weiß man, dass der Rauch der aromatischen Pflanzen tatsächlich keimtötende Wirkung besitzt. In Märchen und Legenden stößt man auf den etwas eigentümlichen Begriff ?Raunächte? für die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr. Ersetzt man ?Rau? durch ?Rauch?, wird die Bedeutung der Lostage klar: Nach dem Aberglauben bestimmen diese Tage über das Geschick der kommenden Monate. Häuser und Ställe wurden ausgeräuchert: So vertrieb man Dämonen, Unglück und Krankheit und machte sich die guten Geister mit aromatischen Düften gewogen.

Moderne Aromatherapie
Ein Stück dieser alten Räuchertradition steckt in den Weihkräuterbuschen, die auch heutzutage noch Frauen in ländlichen Regionen Süddeutschlands an Mariä Himmelfahrt weihen lassen. Mit den getrockneten Blumen kann das ganze kommende Jahr hindurch geräuchert werden, z. B. gegen Verzauberung des Viehs, gegen Gewitter, Krankheit, für eine gute Ernte, Eheglück und vieles andere mehr. Mindestens sieben Kräuter gehören in den Kräuterbuschen: Als Zepter in der Mitte die Königskerze, drum herum "magische" Pflanzen wie Johanniskraut, Liebstöckel, Arnika, Kamille, Wermut, Schafgarbe und Pfefferminze. Die meisten dieser Pflanzen sind Aromapflanzen und auf diese sollte man sich auch konzentrieren, wenn man selbst die ersten Räucherversuche machen möchte. Welche Räuchermischung für das eigene Wohlbefinden am angenehmsten ist, wird man erst nach einigem Experimentieren herausfinden. Fast immer liefern Garten, Balkon und Terrasse genügend verschiedene Rohstoffe für den aromatischen Rauch. Für den Abend zu zweit eignen sich z. B. duftende, harmonisierende Rosenblätter, belebender Lavendel und anregender Rosmarin oder besser noch der stark aromatische Muskatellersalbei (Salvia sclarea), dem aphrodisierende Wirkung nachgesagt wird. Wer sich abgeschlagen und kraftlos fühlt, wird durch den Duft von entkrampfendem Efeu, das Gedächtnis stärkendem Immergrün, aromatischem Waldmeister und heilendem Salbei wieder aufgerichtet.

Ab in die Schale
Für den Eigenbedarf reicht eine kleine, feuerfeste Schale. Wer es perfekt machen will, nutzt eines der schönen orientalischen Räuchergefäße. Eine dünne Schicht Sand verhindert, dass das Räuchergut direkt auf dem Boden des Gefäßes verbrennt. Ein kleines Stückchen Räucherkohle oder Räuchermehl aus der Drogerie wird entzündet und auf den Sand gelegt. Ist sie richtig durchgeglüht, legt man ein wenig von den sorgfältig getrockneten und zerriebenen Aromapflanzen darauf und schon breiten sich die Düfte aus. Wunderbar ist es, wenn im Winter auf der Glut des Kaminfeuers ein paar trockene Lavendelblüten, einige Rosmarinnadeln oder zwei, drei Myrtenblättchen verbrennen.
CMA
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Eine alte Tradition, das Räuchern, wird wiederentdeckt. Getrocknete Kräuter und Blumen verbreiten angenehme Düfte und sind eine Wohltat für die Seele.
tysja cuffese
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Re: Eine alte Tradition neu entdecken

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Gepostet: 28.11.2007 - 09:09 Uhr  ·  #2
Ich räuchere schon seit Jahren und habe meine Töchter angesteckt. Als wir im Urlaub waren, und der Bungalow etwas eigenartig roch hat dann mein Mann verlangt, daß geräuchert wird.
Wir finden es toll - und nicht nur zur Weihnachtszeit.
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