Botanische Begriffe

 
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Re: Botanische Begriffe

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Gepostet: 31.01.2012 - 21:12 Uhr  ·  #16
Hach,

Gluggsmarie, wenn das alles so einfach wäre .

Der wichtigste Grundsatz in der Benennung ist die Prioritätsregel. Der Name, mit der eine Pflanzenart zuerst gültig beschrieben wurde, muss gelten. Dieser Name bleibt aber nicht erhalten, wenn die Pflanze einer neuen Gattung zugeordnet wird, wenn der gleiche Name dort schon als älterer vorhanden ist.
Beispiel:
Echeveria harmsii wurde ursprünglich als Oliveranthus elegans beschrieben. Man hat aber festgestellt, das es eine echte Echeveria ist. So hat man sie überführt zu Echeveria. Da es aber schon eine vom Namen ältere Echeveria elegans gab, musste die Neue auch einen neuen Namen erhalten. Sie wurde deshalb Echeveria harmsii genannt.
Diese Regel gilt auch für alle anderen Rangstufen (Familie, Gattung, Untergattung, Sektion usw.)

Abweichungen von dieser Regel müssen von einer "Taxonomischen Versammlung" (ich nenn sie mal so) angenommen werden, das heisst dann "nomen conservandum", der Name wurde gegen einen älteren geschützt (konserviert). Das sind Fälle, wo der eigentlich gültige ältere Name schon seit sehr langer Zeit nicht mehr im allgemeinen Gebrauch für ein [web]Taxon[/web] ist.
Beispiel:
die Orchideen-Gattung Epidendrum basiert auf Epidendrum nodosum, die Pflanze die man heute als Brassavola nodosa kennt. Nach der Prioritäts-Regel müsste Brassavola also eigentlich Epidendrum heissen. Als die Taxonomen das entdeckten, wurde der Name Epidendrum aber schon jahrzehntelang ganz anders benutzt (so wie wir ihn heute kennen) und viele hundert Namen in diesem Sinne beschrieben. Um jetzt nicht alle diese Namen neu kombinieren zu müssen (als Phadrosanthus oder Amphiglottis...... ja, so hätten sie heissen müssen ), wurde einfach Epidendrum so konserviert und für die paar "alten, echten" Epidendrum-Arten die nicht so aufwendige Umkombination in Brassavola vorgenommen.
Auch der Name "Ranunculaceae" ist ein nomen conservandum! Konkurrenten dieses Familiennamen sind: Hydrastidaceae, Glaucidiaceae, Aquilegiaceae, Thalictraceae, Aconitaceae, Actaeaceae, Anemonaceae, Calthaceae, Cimicifugaceae, Clematidaceae, Delphiniaceae, Helleboraceae und Nigellaceae. Leider konnte ich nicht herrausfinden, wer es eigentlich hätte sein müssen.

Ist das nicht alles Suuuuuperspannend ?

Also, wenn alles so einfach wäre..........
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Re: Botanische Begriffe

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Gepostet: 31.01.2012 - 21:38 Uhr  ·  #17
Also ich bin mir nicht sicher, ob ich das so detailreich lernen will, Plantsman
Aber eine Frage brennt mir auf der Zunge:

Was haben meine Vorschreiber denn alle so gelernt/studiert, dass sie sich da so gut auskennen? Es würde mich schon sehr interessieren... Seine Pflanzen kriegt man ja auch ohne dieses Wissen über die Runden, dennoch beeindruckt mich das, wenn man so tief in die Materie einsteigen kann. Oder ist das "nur" euer Hobby?
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Re: Botanische Begriffe

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Gepostet: 31.01.2012 - 21:41 Uhr  ·  #18
Das hab ich mich auch schon oft gefragt,Gluggsmarie ! Da kann man wirklich nur staunen ! Aber welch Glück,dass wir so kompetente Leute hier haben !
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Re: Botanische Begriffe

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Gepostet: 31.01.2012 - 21:48 Uhr  ·  #19
Studenten der Botanik müssen es wissen, auch Gärtner. So richtig ans Eingemachte geht aber es aber auch dort nicht. Das kommt erst, wenn man als Botaniker seinen Schwerpunkt in der Biodiversitäts-Forschung hat...... oder so ein bescheuerter Möchtegern-Hobby-Botaniker ist wie ich, der nix Besseres zu tun hat .
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Re: Botanische Begriffe

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Gepostet: 31.01.2012 - 21:56 Uhr  ·  #20
Bescheuerte Möchtegern-Hobby-Botaniker ....wie schöööön,dass es Euch gibt!!!
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Re: Botanische Begriffe

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Gepostet: 31.01.2012 - 22:00 Uhr  ·  #21
Nette Bezeichnung, Stefan
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Re: Botanische Begriffe

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Gepostet: 13.02.2012 - 20:41 Uhr  ·  #22
Zitat geschrieben von Gluggsmarie
Ich vermute jetzt mal: wenn der Systematiker im nachhinein eine Pflanze einer neuen Gattung zuordnet, dann wird der Artname, der ja die Eigenschaften des Krautes beschreibt, trotzdem erhalten bleiben, oder?


Im Prinzip schon, es ändert sich nur manchmal die Endung, weil der alte Gattungsname ein anderes Geschlecht hatte als der neue. Im Lateinischen wird das Geschlecht durch die Endung ausgedrückt. Jetzt gibt es aber verschiedene Deklinationen (Abwandlungen der Adjektive/Nomen):

A/O-Dekl:

- us ... männlich
- a ... weiblich
- um ... neutral

Konsonantische Deklination:

Entweder eine Endung für alle 3 Geschlechter (z.B. ingens = riesig, felix = glücklich)
oder eine gemeinsame Endung für Maskulinum und Femininum (-is) und eine andere fürs Neutrum (-e) (z.B. gravis, -e = schwer)
oder für jedes Geschlecht eine extra Endung (m: celer, f: celeris, n: celere).

Du siehst, es ist ein bisschen kompliziert. Ein Beispiel:

Eriocactus magnificus wird zwecks (umstrittener) Vereinfachung in die gattung Parodia einbezogen: Eriocactus ist aber männlich (-us), Parodia weiblich (-a), deshalb:
Eriocactus magnificus --> Parodia magnifica

Viele Wörter gehören ohnehin zur A/O-Deklination, sodass einfach der Artname immer dieselbe Endung haben muss wie der Gattungsname (-us oder -a oder -um)

Andere Endungen:

-i/-ii (lateinischer Genitiv): Benannt nach einer Person (z.B. Notocactus/Parodia leninghausii nach Leninghaus). Diese Endung wird auch wenn sich mit einem neuen Gattungsnamen das Geschlecht des Gattungsnamens ändert, nicht verändert (logisch, der Genitiv ist ja nicht abhängig vom Geschlecht des Wortes, auf das er sich bezieht: Der Schuh/die Blume/das Haus des Menschen --> des Menschen bleibt immer gleich)

- ensis/ -ense (konsonantische Deklination --> 2 Endungen): Herkunft von irgendwo, dieser Name muss wieder an des Geschlecht des Gattungsnames angepasst werden (- ensis = m./f., -ense = n.).


So, das ist etwas lang und kompliziert geworden, ich hoffe aber auch, damit alle Unklarheiten beseitigt und nicht vergrößert zu haben. Ob mir das wohl gelungen ist

LG, Daniel

Nachtrag:
Zitat geschrieben von Gluggsmarie
Also ich bin mir nicht sicher, ob ich das so detailreich lernen will, Plantsman
Aber eine Frage brennt mir auf der Zunge:

Was haben meine Vorschreiber denn alle so gelernt/studiert, dass sie sich da so gut auskennen?

Latein in der Schule gelernt Hilft viel und ich mag die Sprache auch. Ansonsten, einfach Interesse…man merkt sich irgendwann alles, es gibt auch Leute, die Telefonbücher auswendig lernen
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Re: Botanische Begriffe

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Gepostet: 13.02.2012 - 21:11 Uhr  ·  #23
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Re: Botanische Begriffe

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Gepostet: 13.02.2012 - 22:04 Uhr  ·  #24
Zitat geschrieben von Plantsman
Studenten der Botanik müssen es wissen, auch Gärtner. So richtig ans Eingemachte geht aber es aber auch dort nicht. Das kommt erst, wenn man als Botaniker seinen Schwerpunkt in der Biodiversitäts-Forschung hat...... oder so ein bescheuerter Möchtegern-Hobby-Botaniker ist wie ich, der nix Besseres zu tun hat .

das trifft eigentlich auf mich zu

habe folgendes gefunden: http://n.ethz.ch/student/mograf/Sem.%20 ... Latein.pdf

Obwohl ich teilweise nicht ganz glücklich bin darüber...

PS: habe noch genialere Links gefunden:
http://www.baumpruefung.de/Neuer_Ordner_2/artnamen_1.html
Pflanzendoktor*in
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Re: Botanische Begriffe

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Gepostet: 13.02.2012 - 22:30 Uhr  ·  #25
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