man muß sich die großen Arten, die da in der Publikumsgunst z. T. so hoch angesiedelt sind, aber auch leisten können, und da habe ich meine Zweifel ob das überhaupt möglich oder auch sinnvoll ist. Gerade das Vorhandensein eines großen Räubers hat starken Einfluß auf die Lebensgemeinschaften.
Es ist ja nicht nur das privatwirtschaftliche Interesse der Landwirte, dass die Nutztiere ungestört weiden können und nicht bewacht oder im Stall gehalten werden müssen. Ein großer Teil der bei uns lebenden Tier- und Pflanzenarten sind an das Vorhandensein von extensiv bewirtschaftetem Grünland angewiesen, an Standorten die nicht so einfach maschinell bewirtschaftet werden können. Da sind gewisse Weidetiere zur Zeit das Mittel der Wahl um diese einigermaßen zu erhalten, zu einem bisher schon nicht geringen Preis.
Ich habe mir kürzlich in den bayerischen Alpen auch die Projektbeschreibungen angesehen, mit denen um mehr "Verständnis" bei den Menschen für die großen Räuber geworben wird. Viele dieser Darstellungen fand ich zumindest unvollständig, die Kosten wurden in der Regel nicht erwähnt. Zu dieser Art gefärbten Berichterstattung gehört für mich auch die Bemerkung im von Robert verlinkten Beitrag zu den Wasserbüffeln, wonach die Versorgung dieser 7 Tiere mit Winterfutter eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für die örtliche Landwirtschaft habe, lächerlich so was.
In der Hohen Tatra gibt es keine landwirtschaftliche Tierhaltung, dafür Bären und Wölfe. Die Tartaris fürchten aber gleichzeitig um ihren Gemsenbestand. Die Tierhaltung in der Weißen Tatra wurde aus dieser herausgedrängt da die Entschädigungszahlungen für Tierverluste zu hoch waren , die einst offene Landschaft verbuscht nun. Solange in weiten Teilen Skanidinaviens Rentierzucht betrieben wird, hat der Wolf da nichts zu suchen.
Angrenzend an den hessischen Spessart setzen die Biber die mit Geld aufwändig extensivierten Grünlandtäler unter Wasser, inzwischen werden sie zunächst zwar lebend gefangen, dann (leise) getötet, da niemand sie haben will. Bei uns streift nachts der Uhu durchs Gelände, ein sehr effektiver Räuber (nicht nur was streunende Jungkatzen angeht, er hat sich auch gleich die jungen Wanderfalken geholt), gleichzeitig wandern Luchse ein, was die Freunde der Wildkatze gar nicht freut. In der Wiesbadener Rheinaue ist der Kammmolch aus seinem natürlichen Lebensraum verschwunden, man hat sich halt für die Störche entschieden. Die Ornithologen kämpfen für den Kormoran, die Betreiber des Wiederansiedelungsprojektes für den Lachs sind darüber weniger erfreut. So ist es einen Freud immer des anderen Leid, ich halte mir im Garten ja auch keine Hühner, obwohl ich so manche ganz hübsch finde.
Die großen Arten die früher in unseren Wäldern lebten waren darauf eingestellt dass diese groß, zusammenhängend und ungestört waren. Unsere heutige (noch) vorhandene Artenvielfalt hat ihren Schwerpunkt mehr im Offenlandbereich und so manche Population ist auch auf ihrem begrenztem Raum stabil.
Ich frage mich oft, ob wir uns einen Gefallen damit tun, uns die großen Arten wieder herbei zu wünschen. Es wird nach meiner Meinung zu wenig dargestellt, was dafür aufgegeben bzw. nicht nur an Geld aufgewendet werden muß.
Grüße H.-S.