Der Garten zum Essen

 
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Der Garten zum Essen

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Gepostet: 18.12.2008 - 10:43 Uhr  ·  #1
Für Gourmets und Neugierige

Eine Rose nur wegen ihrer Schönheit zu pflanzen - das war früher nicht üblich, zumindest nicht beim einfachen Volk. Ziergärten waren im Mittelalter ein Privileg für wenige, nur Wohlhabende konnten sie sich leisten. Die meisten Gärten waren damals Nutzgärten, sie lieferten Nahrungs- und Heilmittel. Eine gute Informationsquelle über diejenigen Pflanzen, die während des Mittelalters geschätzt wurden, war die Landgüterverordnung von Karl dem Großen, die um das Jahr 800 entstanden ist. Dieses umfangreiche Schriftstück mit dem komplizierten Namen „Capitulare de villis vel curtis imperialibus" wird als das älteste schriftliche Dokument über die Gartenkultur des frühen Mittelalters betrachtet. Das Mittelalter umfasst ungefähr den Zeitraum von 500 bis 1500 n. Chr., unterteilt in die Phasen des Früh-, Hoch- und Spätmittelalters. Auch wenn diese Epoche für viele Menschen von Armut und Ungerechtigkeit geprägt war, wurden doch damals schon Grundlagen für wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen gelegt, die sich bis in unsere Zeit auswirken.

Die Favoriten des Kaisers

Karl der Große, der von 768 bis 814 herrschte, besaß in seinem weitläufigen Reich zahlreiche Pfalzen und Hofgüter. Durch seine Präsenz an den unterschiedlichsten Orten wollte er seinen Herrschaftsanspruch festigen und reiste deshalb oft mit großem Gefolge von einer Pfalz oder Domäne zur anderen. Um dort die Versorgung zu gewährleisten, wurde die Landgüterverordnung entwickelt, die die Verwaltung und Bewirtschaftung der Güter sehr detailliert regelte und zusätzlich Informationen zur Rechtsprechung sowie zur Bildung und Unterstützung der Armen enthielt. So sollte sich auch die Situation seiner Untertanen verbessern. Im Kapitel 70 des umfangreichen Werkes befand sich eine lange Liste, in der die verschiedensten Nutzpflanzen, Obstgehölze und Heilpflanzen aufgeführt wurden, die damals auf Wunsch des Kaisers gepflanzt werden sollten.

Eigene Ernte - Genuss von Anfang an

Nutzgärten waren über viele Jahrhunderte hinweg für die Sicherung der Ernährung wichtig. Mit zunehmendem Wohlstand wandelte sich der Garten jedoch immer mehr zum Ziergarten und der private Anbau von Obst und Gemüse verlor an Bedeutung. In den letzten Jahren hat die Wertschätzung von Kochen, Essen und Genießen als Teil eines kultivierten und gesunden Lebensstils wieder zugenommen und damit verändert sich auch die Nutzung mancher Gärten: Die eigene Ernte steht hoch im Kurs und das Pflanzen von Obst und Gemüse erlebt eine Renaissance. Haus- und Schrebergärten werden für junge Familien zum Wochenendparadies und alte, zum Teil in Vergessenheit geratene Obstarten und -sorten oder daraus entstandene neue Züchtungen stoßen auf großes Interesse.

Obstvielfalt

Viele Pflanzen aus der über 1000 Jahre alten Landgüterverordnung von Karl dem Großen ermöglichen besondere Gaumenfreuden und vor allem unerwartete Geschmackserlebnisse. Die Vorgaben des Kaisers reichen von Kräutern wie Petersilie, Liebstöckel und Rosmarin über Gemüsepflanzen bis hin zu den verschiedensten Obstbäumen. Auch wenig bekannte Obstgehölze, deren Früchte nicht im Supermarkt erhältlich sind, wie Quitte und Mispel, finden sich in der kaiserlichen Liste. Diese beiden Obstgehölze bereichern, genauso wie Kirsch-, Birnen- und Apfelbäume, im Frühjahr den Garten mit ihren hellen Blüten und später im Herbst mit ihren Früchten. Wer nur wenig Platz hat und gerne einen Apfel- oder Kirschbaum pflanzen möchte, kann heute auf kleinbleibende Sorten zurückgreifen. Es gibt mittlerweile auch Säulenobstbäume. Sie sind so schlank, dass sie in einem großen Kübel wachsen können und die eigene Ernte auch auf dem Balkon möglich machen. Andere Bäume mit essbaren Früchten, die schon im kaiserlichen „Capitulare" erwähnt wurden, sind Speierling, Esskastanie und Schwarzer Maulbeerbaum. Diese alten Kulturpflanzen gedeihen gut in Regionen mit Weinbauklima. Walnuss und Haselnuss wurden ebenfalls erwähnt. Die Walnuss hat immer eine besondere Bedeutung für die Menschen gehabt und dies zeigt sich auch in der Wahl zum „Baum des Jahres 2008".

Quelle: PdM
Weitere Informationen: www.der-garten-bewegt-mich.de
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Kaum mehr bekannt: die Mispel. Ihre eigenwillig geformten Früchte sieht man nur selten. Sie sind nicht im Supermarkt zu bekommen und bieten neue Geschmackserlebnisse.
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in großer Birnbaum im eigenen Garten oder ein Apfelbäumchen für den Balkon - die Vielfalt der Obstgehölze ist beeindruckend und bietet viele Möglichkeiten, den geeigneten Baum in der idealen Größe zu finden.
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