Hier mal meine Erfahrungen zur Ginkgo-Veredelung:
Durchführung und Ergebnisse
Mitte bis Ende letzten Februar (2016) habe ich von 2 alten Ginkgo-Bäumen (einer männlich, einer weiblich) Triebe genommen und auf 4 Jahre alte Ginkgo-Jungpflanzen veredelt, wie auf der Webseite beschrieben (Unterlagen dicht über der Wurzel abgeschnitten). Bei einigen hatte ich die Veredelungsstellen mit Parafilm, bei anderen mit gewöhnlichem Klebeband abgeschlossen. Die Pflanzen habe ich ohne Erde in Mülltüten mit etwas Wasser für einige Wochen im Kühlschrank gelassen, dann herausgeholt und noch einige Zeit bei Raumtemperatur in den Tüten gelassen. Anfang April habe ich die Ginkgos von den Veredelungsbändern befreit. Da waren die Knospen schon weit entwickelt. Etwa 2 Tage später wurden die Pflanzen eingetopft und der offenen Luft ausgesetzt. Innerhalb weniger Stunden ließen alle ihre Blätter bedrohlich stark hängen, sodass ich die Töpfe wieder in weitgehend verschlossene Mülltüten gestellt habe. Nach einem Tag hatten sie sich wieder erholt, aber ich habe in den Folgetagen nur alle 1-2 Tage die Tüten schrittweise etwas mehr geöffnet, sodass die Blätter nicht mehr hingen. 5 Tage nach dem Eintopfen waren sie an die normale Luft gewöhnt. Ich habe sie dann nach und nach ans Freie gewöhnt. Einige wenige Pflanzen sind im Laufe der Zeit durch Unachtsamkeit (Heranstoßen) an der Veredelungsstelle abgebrochen. Weitere geringfügige Verluste entstanden durch Schimmelbildung an den Flechten, welche die alten Edelreiser überwucherten und wo der Schimmel offenbar auf das Ginkgo-Material überging, weshalb ich den Schimmel von allen Edelreisern mit Wasser und Bürste entfernt habe. Die Pflanzen habe ich im Freien auf einem Beet mit Gitter als Wühlmausschutz ungeschützt überwintert (Min. Lufttemperatur = ca. -12 °C, am Boden natürlich kälter). 9 von 10 haben das überlebt und treiben jetzt gerade wieder aus. Es sieht so aus, als würde dieses Jahr keiner der kleinen einen Zuwachs bekommen, aber das ist bei jungen Ginkgos ja nicht ungewöhnlich und durch den Veredelungsstress zusätzlich zu erklären.
Topophyis
Wenn in den nächsten Jahren ein Jahreszuwachs kommt, befürchte ich aber, dass die Triebe schief wachsen wegen der "Topophysis" (alte Zweige merken sich die Ausrichtung an der Schwerkraft von der Mutterpflanze und wachsen z.B. als horizontaler Ast wieder horizontal weiter).
Geschlecht beim Ginkgo an Knospen/Wuchsform erkennbar?
Noch eine überraschende Bemerkung betrifft die Knospen. Wie man auf den Fotos erkennt, sind die männlichen deutlich dicker und abgerundet, während die weiblichen Knospen dünn und spitz sind. Oft liest man, dass dies typisch für die beiden Geschlechter sei, andererseits liest man, dass es bis heute kein echtes Unterscheidungsmerkmal von weiblichen und männlichen Ginkgos gibt bis die Blüte (nach ca. 25-50 Jahren) zum ersten mal erscheint. Ich habe noch ältere selbst ausgesäte Ginkgos (14 Jahre alt). Alle (drei Stück) zeigen ebenfalls deutliche Unterschiede in der Knospen- und Wuchsform. Zwei wachsen länglich aufrecht mit abgerundete Knospen und einer wächst sehr ausladend mit spitzen Knospen. Ich bin gespannt, ob der letzte später sich wirklich als weiblich entpuppt und die anderen beiden als männlich. Die Wuchsform soll nämlich ebenfalls einen Anhalgspunkt für das Geschlecht sein.
Hat jemand dazu (Geschlecht erkennen) aktuelleres Wissen? Bisher habe ich überall nur gelesen, dass diese Knospen- und Wuchsform-Identifikation totaler Quatsch sei und man daraus nicht auf das Geschlecht schließen kann.
Bilder:
1. weiblicher Edelreis (dünne, spitze Knospen)
2. männlicher Edelreis (dicke, runde Knospen)
3. verschimmelte Flechten
4. gesäuberter Ast
5. Hier ist der Schimmel auf den Ast übergesprungen und der Ast ist abgestorben (schwarze Knospe).
6. Ein weiteres Problem bei wenigen Veredelungen: unterhalb der Veredelungsstelle treibt die Unterlage aus.
7. Hier hat die Veredelung gut geklappt.
8. Veredelungsstelle
9. eingetopfte Pflanzen
10. neuer Austrieb im nächsten Jahr (noch unter Folie als Schutz gegen Bodenfrost)